Songs of Belonging
…ein Liederbuch für Verbindungskultur
Unser Liederbuch ist ein echtes Gemeinschaftswerk, in hunderten Stunden ehrenamtlicher Arbeit entstanden und kostenlos erhältlich.
Wir freuen uns umso mehr, wenn du unsere Arbeit mit einer Spende unterstützen magst, einfach hier über unser Online-Spenden-Tool:
Das Liederbuch gibt es auch in einer wunderschönen, auf Graspapier gedruckten und gebundenen Ausgabe.
Die Büchlein sind bei unseren Veranstaltungen erhältlich und auch bei verschiedenen ehrenamtlichen Abhol-Stationen an vielen verschiedenen Orten.
Hier auf der Karte kannst du sehen, wo du eines bekommen kannst und direkt Kontakt aufnehmen. (Grün bedeutet, dass es gerade Bücher vor Ort gibt)
Wir wünschen dir ganz viel Freude beim Singen und Vernetzen!
Damit die Lieder sich besonders leicht lernen lassen, haben wir hier jede Menge Aufnahmen für dich, gesungen von den Komponist*innen oder von Nina Keller.
A Spell for intergenerational trauma - Alexandra „Ahlay" Blakely
Älteste - Viktoria Behem
Viktoria Behem
Landschaftsweise.org
Am Ende des Tages - Thildi
Thildi
Aufblühen - Nina Passeri
http:/www.musikderlandschaft.de
Autmn comes
Altes englisches Volkslied
Bächlein, Bächlein - Naomi Kassner
Bärlauch - Amelie Mehru
Amelie Mehru
www.ameliemehru.com
www.voice-of-nature.de
Instagram: @ameliemehru
Youtube: @ameliemehru
Link zum Video:
https://lmy.de/XtYUj
Blätter fallen - Annika Leyla Khaliz
Blood of the earth - Veraya
Butterfly Song - Isabel Cantara Knauf
Isabel Cantara Knauf
www.naturheilpraxis-wildeweide.de
Care deeply - Ananda Lou
Ananda Lou
https://linktr.ee/mitananda
Carry this all - Ahlay Blakely
Alexandra „Ahlay“ Blakely
https://www.youtube.com/watch?v=uBhCFsatU0Y
You do not carry this all alone
No, you do not carry this all alone
This is way too much
For you to carry this on your own
So you do not carry this all alone
Created by Sound - Alexa Sunshine Rose
Danke - Leyla Khaliz
Danke für die Fülle - Annika Leyla Khaliz
Das zarte Licht von diesem Morgen - Ursula Seghezzi
Ursula Seghezzi
https://umainstitut.net/
Der Frühling kommt - Naomi Kassner
Der Reiher und die Autobahn - Thildi
Der Schnee ist da - Amelie Mehru
Die Sterne funkeln den Frieden - Naomi Kassner
Earth you hold us - Lyndsey Scott
Eat and feed your soul - Leyona und Veraya
Ein langer Tag - Martina vom Hoevel
Einlassen - Clara Hickmann
Erdmutterschoß - Annika Leyla Khaliz
Erntelied - du schönes Wesen - Thildi
Feder im Zweig - Viktoria Behem
Landschaftsweise.org
Feuerlied - Elke Loepthien-Gerwert
Finster Finster
Fließe weiter- Elke Loepthien-Gerwert
Fluss, du willst fließen - Aaron Gerwert
Full Moonlight Dance - Karen Beth
Gauklerbandenlied - Annika Leyla Khaliz & Simon Rumo
Geborgen im Nest - Nina Passeri
musikderlandschaft.de
Ginko leaf - Annika Leyla Khaliz
Große Mutter Erde - Leyla Khaliz
Hejo, spann den Wagen an
Herbstliches Nachtlied - Viktoria Behem
Landschaftsweise.org
Here I Am (Lost) - Benjamin van Haeff
Hier bin ich - Viktoria Behem
I Am Here - Micheal Stillwater
copyright 2023 Inner Harmony Music
I thank you - Annika Leyla Khaliz
I woke up - Bridget Cousins
Ganz unten letzte Aufnahme auf der Seite:
song bank resource – That singing thing…
Bridget Cousins
https://beepjc.wordpress.com/
Ich danke dir für die Fülle in der Welt - Stefanie Mörtlbauer
Ich rufe meine Ahninnen - Christiane Braun
Ich und du und wir - Elke Loepthien-Gerwert
Im Winde verwehen - Annika Leyla Khaliz
In der Stille des Feuers - Monika Temmel
Kleine Meise - Clara Hencke
Kleine weiße Kugeln - Clara Hickmann
Landschaftspoesie (Morgenlied) - Thildi
Lean on me - Katharina Bossinger
Katharina Bossinger
https://www.healingsongs.de
Lebensfunken - Viktoria Behem
Lichtlied - Annika Leyla Khaliz
Listen - Annika Leyla Khaliz
Löffellied - Thildi
Look at the Moon tonight - Annika Leyla Khaliz
Mensch auf Erden - Amelie Mehru
Menschen gehen - Dot Universum
Die Geschichte vom Lied „Menschen gehen“
Ich war im Team vom Mentoring Kurs Ende Mai 2017 bei einer Wildnisschule in Österreich. Ein Freund hatte mir eine Woche zuvor davon erzählt, dass er auch im Team dabei sein würde und ich hab mich riesig darüber gefreut.
Als ich am Vorabend des Kurses am Kursort eintraf, um an der Teamsitzung teilzunehmen, war dieser Freund noch nicht da. Ich nahm sofort an, dass er nicht kommen würde. Das beschäftigte mich nachhaltig und machte mich traurig. Ich konnte mir einfach nicht erklären, warum er nicht gekommen war.
Kurz nachdem die Teamsitzung begonnen hatte, teilte uns die Leiterin des Kurses mit, dass dieser Freund nach Spanien aufgebrochen war, weil sein Bruder im Sterben lag. Im Moment unserer Teamsitzung war er auf dem Weg zum Flughafen, um so schnell wie möglich bei seiner Familie sein zu können.
Ich war von dieser Nachricht emotional sehr betroffen. Ich kannte den Bruder meines Freundes nicht. Und auch meinen Freund kannte ich noch nicht sehr lang. Und ich war voller Mitgefühl.
Die Kursleiterin erzählte uns von der Krankheit, die den Bruder unseres Freundes, schon eine Weile begleitete und sagte, dass unser Freund in diesen Tagen während des Kurses Teil unseres Kreises wäre und wir für ihn und seine Familie beten könnten.
Am Anfang des Kurses informierte sie auch die Kursteilnehmer über die Geschehnisse, da einige von ihnen unseren Freund kannten.
Gegen Nachmittag des ersten Tages, ich saß gerade beim Unterricht dabei, spürte ich, dass ich nicht ganz in meiner Mitte war und dass es mir sicher gut täte, etwas Zeit für mich zu verbringen. Ich stand also auf und entfernte mich etwas von dem Platz des Unterrichts, um ein Stück weiter südöstlich unter Fichten zu sitzen. Ich spürte Traurigkeit in meinem Inneren. Und ich wusste nicht, wo sie her kam. Also erzählte ich der Natur davon. Und bald kam mir unser Freund sehr stark in den Sinn. Ich betete für ihn und seine Familie und empfand tiefes Mitgefühl.
Als das getan war, stand ich auf, um zurück zu gehen Nach einigen Schritten fand ich eine etwa 15 cm lange schwarze Feder. Ich hob sie auf und steckte sie mir an die Weste. Dann ging ich zurück zu den anderen im Unterricht.
Ein paar Minuten nachdem ich wieder saß, blickte unsere Älteste auf ihr Handy. Sie seufzte. „Der Bruder unseres Freundes ist gestorben“, sagte sie. Darauf folgte betroffenes Schweigen. Es war große Anteilnahme zu spüren. Obwohl einige Menschen, die an dem Kurs teilnahmen, unseren Freund nicht kannten. Seinen Bruder hatte keiner von ihnen kennengelernt.
Mir stiegen sofort die Tränen in die Augen. Ich dachte daran, dass ich gerade noch diese Traurigkeit empfunden, für meinen Freund und seine Familie gebetet und die Feder gefunden hatte. Sollte das wirklich alles im Zusammenhang stehen? Ich fühlte mich überwältigt.
Die Kursleiterin berief sogleich eine Pause ein und wir konnten uns alle zurückziehen und mit dieser Nachricht etwas sitzen.
Ich war wirklich aufgewühlt in den ersten Momenten und hatte das starke Bedürfnis ein Feuer zu entzünden. Da das in diesem Moment nicht im Rahmen meiner Möglichkeiten stand, schlug mir ein Teammitglied vor, eine Kerze anzuzünden. Diesen Vorschlag nahm ich dankend an. Ich entzündete die Kerze und legte die Feder daneben.
Am Abend desselben Tages, saß ich wieder mit im Kreis. Ich hatte meinen Blick auf eine Reihe Berge, die Nordkette genannt, gerichtet, die unserem Platz imposant gegenüberstand. Ich sah die Berge, die vorbeiziehenden Wolken und spürte den Wind. Dazu kam mir eine Melodie, die sehr harmonisch zu diesen Worten passte. Ich entfernte mich kurz einige Meter vom Kreis, um Melodie und Worte aufzunehmen, um sie nicht zu vergessen. Was mit dem
Lied passieren würde, war für mich völlig unklar. Und ich konnte spüren, dass das in diesem Moment auch keine Rolle spielte.
Als ich später zu Bett gehen wollte, hatte ich den Impuls die Kerze mit zu meinem Schlafplatz zu nehmen, weil ich dachte, dass sie auf keinen Fall aus gehen dürfte. Der Transport dorthin und das Platzieren dann vor Ort waren so kompliziert und von Zwischenfällen geprägt, dass mir bald klar wurde, dass ihr Platz nicht an meiner Seite, sondern in der Mitte des gesamten Kreises war. Also trug ich sie zurück.
Die Kerze brannte für zwei weitere Tage. Wenn sie ausging wurde sie von uns wieder entzündet. Einmal erlebte ein Teammitglied eine Art Feuerblitz, der an ihr vorbei das Streichholz entzündete, mit dem sie gerade die Kerze wieder entzünden wollte. Ein weiteres Teammitglied war Zeuge dieses Geschehens.
Einen Tag später erreichte uns wieder eine Nachricht unseres Freundes. Die Kursleiterin hatte mit ihm telefoniert und erzählte uns, wie alles vor sich gegangen war. Kurz vor seinem Tod hatte der Bruder unseres Freundes, zur Verwunderung aller, gesagt: „Wenn ich gehe, gehe ich mit dem Wind.“ Und als er seine Augen für immer geschlossen hatte, fuhr eine Windböe durch das Haus. Erst dachte unser Freund, er wäre der Einzige, der das wahrgenommen hatte. Doch dann verkündete auch einer seiner Verwandten, den Windstoß bemerkt zu haben.
Am Vormittag des darauf folgenden Tages, während ich wieder beim Unterricht dabei saß, war mir über einen längeren Zeitraum schwindelig. Ich probierte alles Mögliche aus, um diesen Zustand zu verändern. Doch nichts half. Also beschloss ich, irgendwann in die Küche zu gehen, und die Menschen dort um ihren Rat zu fragen. Sie gaben mir etwas Ingwer zum Kauen und einen kühlen Lappen für meinen Nacken. Außerdem legten sie mir ans Herz, mich etwas hinzulegen. Das tat ich. Und als ich langsam in die Entspannung gesunken war, bemerkte ich plötzlich, dass mich Worte und Melodie, die mich zwei Tage zuvor erreicht hatten, schon den ganzen Vormittag begleiteten, ohne dass ich es wahrgenommen hatte. Ich stand sofort auf und holte meine Gitarre aus dem Nebenzimmer, um die passenden Griffe zur Melodie heraus zu finden.
Innerhalb kürzester Zeit war dies getan und ich war ziemlich erstaunt, welch wunderschönen Klang Melodie, Worte und Gitarrenspiel gemeinsam ergaben. Ich hatte das Gefühl fast zu platzen, wenn ich diese Erlebnisse nicht bald mit jemanden teilen könnte. Dazu hatte ich schon bald zweimal die Möglichkeit.
Am Abend dieses Tages sollte in Spanien eine Zeremonie für den Bruder unseres Freundes stattfinden. Sein Körper war am Vortag verbrannt worden und die Zeremonie sollte den anwesenden Freunden und Verwandten die Gelegenheit bieten, sich zu bedanken und zu verabschieden. Ich hatte das Gefühl, es würde unseren Freund und seine Familie und Freunde bei der Zeremonie unterstützen, wenn wir das Lied an diesem Abend in Österreich singen würden.
Am Nachmittag desselben Tages nutzte ich die Gelegenheit, das Lied zwei Teammitgliedern vorzuspielen. Falls wir es am Abend singen würden, wäre es fein, ich hätte zwei Menschen, die mich beim Singen unterstützen könnten.
Während sie das Lied hörten und bald mitsangen, fingen beide intuitiv an, den Text leicht abzuändern. Im darauf folgenden Gespräch kamen wir gemeinsam zu dem Ergebnis, dass die Änderungen sich für uns alle stimmiger anfühlten.
An diesem Abend sangen wir das Lied im gesamten Kreis der Teilnehmenden und mit den meisten der Teammitglieder. Es entwickelte sich dabei eine ganz besondere Kraft. Wir waren alle im Herzen berührt. Manche hatten Tränen in den Augen.
In den nächsten zwei Tagen kam im Team auch noch die Idee auf, das Lied aufzunehmen und an unseren Freund und seine Mutter zu schicken. So setzten wir uns am letzten Abend wieder mit allen Teilnehmern des Kurses zusammen und nahmen das Lied gemeinsam auf. Am nächsten Abend schickten wir die Aufnahme an unseren Freund und seine Mutter.
Medizinlied
(empfangen von Dorothee Sabine Altenhöfer. wildedorle@gmx.li)
Menschen gehen
Gitarre auf 432 Hz gestimmt
Das Lied kann auch als Kanon gesungen werden
Noten für die Gitarrenbegleitung
(Am Beispiel des ersten Teiles.
Die Begleitung bleibt im Verlauf des weiteren Liedes gleich)
Mondin - Annika Leyla Khaliz
Mother hear me calling - Janna Goodwille
Janna Goodwille
https://www.reconnectionsessions.com/home oder http://www.jannagoodwille.com
Motherland - Helen Yeomans
Mountains in my bones - Daniel J. Vogel
Mutter Erde - Clara Hickmann
My roots go down - Sarah Pirtle
Sarah Pirtle
© 1979 and 1989 Discovery Center Music BMI
Hier gibt es noch weitere Lieder von Sarah:
https://sarahpirtle.com/hope-sings/my-roots-go-down.htm
Nebelschwaden - Annika Leyla Khaliz
New Roots - Nina Passeri
Nina Passeri
musikderlandschaft.de
Ode an die Fülle - Annika Leyla Khaliz
Raus - Doro Ahlemeyer
Doro Ahlemeyer
aushecken.org
Aufnahme: https://verfuchstundzugekraeht.de/2019/12/05/die-gruppe/
Reibungslied - Arbeitstitel Tortenschlacht
Reif auf den Feldern - Annika Leyla Khaliz
Rotmilan - Annika Leyla Khaliz
Ruhe, schlaf und träume wohl - Nina Passeri
Nina Passeri
musikderlandschaft.de
Salty Rivers - Saskia Breithardt
Schlaflied - Thildi
Schöne, leise Weise - Thildi
Seedsong - Nina Passeri
Seelenbande - Elke Loepthien-Gerwert
Sommer geht - Viktoria Behem
Stillness in motion - Lulu und Mischka
Stille Nacht, Stille Ruh - Annika Leyla Khaliz
Trees - Rose
Trees grow tall - Nickomo Clarke
Unter mir die Erde - Yonda Schramm-Hädicke
https://www.facebook.com/share/1BRsoXx7qn/
Unter meinen Füßen - Hannah Schade
Under the Willow Tree - Annika Leyla Khaliz
Voice of Love - Benjamin van Haeff
Walking on sacred ground - Nickomo Clarke
Wandelmacht Feuerschein - Elke Loepthien-Gerwert
Was ist wohl das Lied von diesem Ort - Viktoria Behem
Water - Annika Leyla Khaliz
Weidenlied - Clara Hencke
Weitergehen - Annila Leyla Khaliz
noch keine Aufnahme
Wer bin ich durch die Zeiten - Amelie Mehru
Willkommenslied - Elke Loepthien-Gerwert
You gotta show up - Linn Schütze
Zirlezap und Mäusesprung - Annika Leyla Khaliz
Zwischen den Welten - Annika Leyla Khaliz
Lieder – besonders wenn wir sie gemeinsam singen – können wirkkräftige Werkzeuge dafür sein, Kultur friedvoller, gerechter und lebensfreundlicher zu gestalten.
Sie können uns dabei helfen, soziale Räume zu erschaffen, in denen Werte und Qualitäten, die wir uns für die Zukunft ersehnen, schon jetzt erfahrbar und spürbar werden.
Lieder können Liebe vermitteln oder Neugier und Faszination, Freude und Trauer, Hoffnung, Ehrfurcht, Vertrauen und Mut – und so viel mehr. Gerade das gemeinsame Singen kann auch ein kleines, aber sehr wirksames Gegengift gegen Verzweiflung, Ohnmachtsgefühle und Angst sein.
Denn Singen und Summen beruhigen unseren Körper. Sie verlangsamen den Atem und entspannen unser Nervensystem. Sie geben unseren Gedankenschleifen und Grübeleien eine Ruhepause und helfen uns dadurch, aufmerksam und präsent im Hier und Jetzt zu sein. Beim gemeinsamen Singen – und auch beim Zuhören – kann unser Körper sogar richtig große Mengen Oxytocin ausschütten, ein Hormon, das das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit stärkt. So können wir uns, wenn wir zusammen singen, wesentlich gelassener und weniger hilflos fühlen.
Belonging geschieht, wenn wir uns als Menschen, genau so wie wir sind, mit all unserer Menschlichkeit, voll und ganz zugehörig fühlen können – zur Welt, zu nicht-menschlichen Wesen um uns herum und auch miteinander.
Belonging ist dabei nicht nur etwas, das wir erfahren können, sondern auch etwas, das wir aktiv für andere Menschen begüns- tigen können, indem wir Wege finden, einander ein Zuhause zu schenken – und damit eines der tiefsten menschlichen Grund- bedürfnisse nähren.
Viele Lieder in unserem Liederbuch sind aus Momenten von erlebter Zugehörigkeit entstanden. Im Singen dieser Lieder mag diese Zugehörigkeit und Verbundenheit auch für die Mitsingenden ein klein wenig erfahrbar und spürbar werden.
Wenn wir Klang in unserer Nähe wahrnehmen, ihn hören oder spüren, entsteht Resonanz. Schwingung überträgt sich dabei auf unseren gesamten Körper, nicht nur über die Ohren. Wenn wir mitsummen oder vielleicht sogar mit einstimmen, kann Harmonie entstehen, zwischen den Tönen und wenn unterschiedliche Stimmen gleichzeitig erklingen. Auch über die Worte und deren Bedeutung kann eine Verbindung entstehen, weil sie uns auf eine Reise mitnehmen und dabei helfen können, dass sich zwischen unseren Weltsichten Türchen öffnen – und unterschiedliche Lebensrealitäten einander irgendwo berühren.
Viele soziale Bewegungen haben diese Kraft gemeinsamen Singens genutzt: Auf den Straßen der Welt, bei Protestmärschen und Versammlungen, um gefühlvoll Brücken zu bauen zu den Menschen drumherum und auch, um tiefer Sehnsucht Ausdruck zu verleihen, um Hoffnung und Zusammenhalt zu stärken und um einander im Angesicht von Unterdrückung Sicherheit zu schenken.
Melodien voller Emotionen und Worte voller Liebe, Mitgefühl und Menschlichkeit können unseren inneren Zustand und auch die Atmosphäre eines Raumes verändern.
Lieder wie We shall Overcome, Give Peace a Chance oder Freedom is Coming berührten Millionen Menschen und wirkten weit über die Bürgerrechts-, Friedens- und Anti-Apartheid-Bewegung hinaus in die Welt hinein. Sie helfen auch heute noch, Hoffnung für eine gerechtere Welt zu fassen, uns auf unsere gemeinsame Menschlichkeit zu besinnen und dafür einzustehen.
Dieses Buch ist inspiriert von diesen Liedern und von den Menschen, die sie in die Welt brachten.
Gesang hat sich überall auf der Welt entwickelt. Forscher*innen vermuten, dass Gesang und Musik einen einzigartigen Zweck für uns als Menschen haben, weil sie im Gehirn anders verarbeitet werden als gesprochene Worte und dadurch besonders tief berühren und in Erinnerung bleiben können.
In Liedtexten stecken, wie auch in Poesie, zudem oft viele verschiedene Bedeutungsebenen, sie sind reich an Symbolik und können damit auch eine enorme Vielzahl an Informationen und Zusammenhängen in hoher Dichte enthalten und zugänglich machen.
Viele Menschen in Mitteleuropa und anderen westlich geprägten Regionen fühlen sich zu Musik und Liedern aus Indigenen Kulturen* hingezogen, möglicherweise auch, weil sie ein Weltbild von tiefer Verbundenheit mit unserer Mit-Welt vermitteln – oder ihnen dies auf Basis von Halbwissen und Stereotypen zumindest zugeschrieben wird.
Auch beim Circlewise Institut haben wir in unseren ersten Jahren vor allem sogenannte „Lieder aus aller Welt“ gesungen, von denen die meisten über kulturelle Aneignung in westliche Kreise gelangt sind.
Unsere Liederauswahl kritisch zu hinterfragen wurde ein erster Teil unseres (noch weiter fortdauernden) persönlichen und auch gemeinschaftlichen Lern- und Entwicklungsprozesses darüber, wie Kolonialismus in uns fortwirkt und wir auch mit unserer Arbeit koloniale Muster wiederholen und verstärken – und was es braucht, um dies allmählich zu ändern.
Anzuerkennen, dass wir mit vielen Liedern, ohne es zu wollen, doch Leid für andere verursachen, war ein kleiner, aber wichtiger Meilenstein für uns.
Es dauerte eine ganze Weile, diese Einsicht zu verdauen und zu integrieren, bis wir so weit waren, uns dafür zu entscheiden, tatsächlich keine Lieder mehr zu singen, die aus Indigenen Kulturen stammen.
Es folgte eine zähe Zeit, in der es fast zwei Jahre lang ungewohnt still in unseren Veranstaltungen blieb. Weil wir einfach so wenige andere Lieder kannten, die in Gemeinschaft gut singbar waren!
Einige deutschsprachige Lieder fanden sich ein. Bei manchen davon stellte sich wenig später heraus, dass sie in der NS-Zeit aus nationalistischer und faschistischer Ideologie heraus komponiert worden waren – die wir natürlich auch nicht weitertragen wollten.
Wir warteten auf diejenigen Lieder, die authentisch mit uns und den Orten hier, mit unserem Erleben, unserer Sehnsucht, unseren Werten verbunden waren und die wir (als überwiegend weiße**, in vielerlei Hinsicht privilegierte Personen) auch gemeinsam mit Menschen verschiedener Herkünfte, Kulturen, Weltanschauungen singen könnten, ohne dadurch anderen etwas wegzunehmen oder zu schaden – insbesondere nicht jenen, die seit Jahrhunderten Genozide, Diskriminierung und Ausbeutung er- leiden, und von denen viele auch gegenwärtig um ihr physisches, soziales und kulturelles Überleben kämpfen müssen.
In den frei gewordenen Raum hinein wagten sich erst zaghaft und dann mehr und mehr Liedchen und Melodien, die von Menschen in unserem Netzwerk oder auch von uns selbst erlauscht wurden, geschenkt von Orten oder Wesen, die wir liebten. Viele Male waren wir selbst dabei, wie ein Lied zum allerersten Mal in einem Kreis gesungen wurde oder sogar im selben Moment entstand.
Andere Lieder tauchten von Ferne auf, aber auch mit deutlich erkennbaren Wurzeln und verbunden mit einer klaren Erlaubnis, gesungen und weitergegeben zu werden.
Seitdem sind in unserem Netzwerk (und weit darüber hinaus) zahllose Lieder für Hier & Heute „geschlüpft“ (oder für uns hörbar geworden) und es war tatsächlich schwierig, überhaupt ein Ende für dieses Buchprojekt zu finden, weil bis zum Schluss beständig immer weiter neue Lieder dazu kamen. (Jetzt sammeln wir parallel also schon für Band II ☺)
Dieses Buch versammelt nun über 100 dieser Lieder für Hier und Heute – für viele Stimmungen und Gelegenheiten – zum Mitsingen, zum Lauschen und einige sogar auch zum Tanzen.
Sie wurden von über 30 Komponist*innen verfasst, aus verschie- denen Generationen, Ländern und Lebenswelten. Die meisten der Lieder sind ziemlich jung, ein paar auch überliefert, viele mehrstimmig oder als Kanon singbar, manche einstimmig oder als Call & Response-Lieder besonders leicht mitzusingen.
Die Melodien und Texte wurden aus inniger Verbindung zu Landschaften und den darin lebenden Wesen erlauscht oder aus der Sehnsucht der Menschen erträumt – einer Sehnsucht nach Verbindung, nach Gemeinschaft, nach einer gerechten, nach- haltigen und vielfältigen Gesellschaft, nach lebensfreundlichen Weisen zu leben und füreinander miteinander da zu sein.
Für viele Lieder sind neben Text und Noten auch die jeweiligen Entstehungsgeschichten enthalten.
Auf dieser Seite hier findest du viele der Tonaufnahmen, damit du die Lieder noch leichter lernen kannst.
Viele der Lieder sind in Übergangszeiten, bei Ritualen oder in stillen Momenten mit der Erde geboren worden. Sie sind Ausdruck der Vielfalt menschlicher Emotionen und der Wunder des Lebens in allem, was uns umgibt und in uns lebendig ist.
Sie laden dazu ein, sich selbst, andere Menschen und die Erde mit all ihren Wesen als vielgestaltige Facetten eines lebendigen Ganzen zu erfahren.
Die Lieder sind somit auch Samen für ein lebensförderliches Miteinander für Jetzt & Hier, für das Wohlergehen aller Wesen und die Zukunft unseres Planeten.
Wir möchten, dass dieses Liederbuch für dich ein handliches Werkzeug genau dafür sein kann – für deine Gruppen, Kreise, Initiativen und Netzwerke.
Mögen die Lieder dich und die Menschen, mit denen du singen wirst, berühren, nähren und darin bestärken, Teil einer Bewegung für eine lebensfördernde, zukunftsfähige Kultur zu sein!
* Der Begriff „Indigen“ bezieht sich hier auf die kollektive Identität und Selbst- bezeichnung von indigenen Gemeinschaften weltweit. Zur besseren Sichtbarkeit und aus Respekt schreiben wir ihn groß.
** Das Wort „weiß“ ist kursiv und klein gesetzt, um daran zu erinnern, dass es hier nur um eine gesellschaftliche Kategorie und kein echtes Herkunftsmerkmal geht.