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Dekolonisation ist die weltweite Bewegung gegen Unterdrückung, Ausbeutung und Zerstörung Indigener Kulturen und für ihre kulturelle, psychologische und ökonomische Freiheit.
Es geht also um eine gerechtere Welt insbesondere für Menschen aus Indigenen Kulturen.
Die Folgen der jahrhundertelange Kolonisation der Indigenen Welt durch Weiße sind noch immer schrecklich, auch heute. Diese ohnehin extrem schwierige Situation Indigener Völker kann sich weiter verschlimmern, wenn wir bewusst oder unbewusst kulturelle Aneignung betreiben.
In der Naturverbindungsarbeit, innerhalb der „spirituellen“ Szene und gesamtgesellschaftlich sind fünf Phänomene kultureller Aneignung weit verbreitet, die auch wir als Organisation und als private Personen bedauerlicherweise selbst praktiziert oder unkritisch weitergegeben haben, gerade in den Anfangsjahren vom Circlewise Institut.
Unsere eigenen Verhaltensweisen kultureller Aneignung Stück für Stück hinter uns zu lassen, wurde für uns ein nun schon mehrere Jahre währender Prozess des Anerkennens und Umdenkens, um neue Wege zu finden – eine oft schmerzliche, aber auch erleichternde und sogar verbindende Reise, die immer noch fortdauert.
Verbreitete Phänomene kultureller Aneignung
Alle fünf Phänomene spiegeln eine Anspruchshaltung, eine Mentalität des „ich kann mir einfach nehmen, was auch immer ich will“ – welche in der Geschichte der Menschheit ein Netz aus Gräueltaten über den gesamten Planeten geworfen hat.
Die 2007 verabschiedete UN-Menschenrechtserklärung über die Rechte indigener Völker schreibt dazu in unmissverständlichen Worten: Vom „kulturellen, intellektuellen, religiösen und spirituellen Eigentum indigener Völker“ dürfe nichts ohne deren Zustimmung oder entgegen ihrer eigenen Gesetze, Traditionen und Bräuche verwendet werden.
Dabei ist die Zustimmung des gesamten Volkes, nicht nur einzelner Personen gemeint.
Wir als Circlewise Institut und als Menschen, die wir persönlich dahinter stehen, erkennen an, dass Indigene Völker nicht nur viele Jahrhunderte lang durch Ausbeutung, Völkermord und kulturellen Genozid bedroht wurden, sondern ihre Unterdrückung bis heute andauert.
Es ist uns bewusst, dass Reichtum und Privilegien der vorwiegend weißen Bevölkerung auch hier in Europa (von der wir selbst in unserem Leben und Wirken tagtäglich profitieren), zu großen Teilen durch Raub ermöglicht wurden. Unser privilegiertes Leben, einschließlich aller Rechte und Freiheiten, die damit verbunden sind, beruht auf der Ausbeutung und teilweise vollständigen Zerstörung von Indigenen Kulturen, sowie immer wieder systematischen, massenhaften Ermordung Indigener Menschen in allen Teilen der Erde.
Wann immer wir als Weiße kulturelle Elemente stehlen, führen wir das Grauen des Kolonialismus fort. Denn wir eignen uns erneut Kultur-Schätze an, die uns nicht zustehen.
Dabei ist die Kultur oft fast das einzige was Indigenen Kulturen noch geblieben ist. Viele Völker haben kaum noch Zugang zu ihrem angestammten Land und ihren traditionellen Lebensweisen. Oftmals wird das Überleben der Kultur zusätzlich bedroht durch das Aussterben ihrer eigenen, identitätsgebenden Sprache.
Es ist nicht selten, dass lediglich Reste eines einstmals gewaltigen kulturellen Erbes über viele Jahrzehnte nur im Verborgenen behütet werden konnten. Viele kulturelle Elemente können sich nur langsam wieder verbreiten und an die jüngeren Generationen weitergegeben werden.
Denn zahlreiche Völker, gerade in den USA und Kanada, aber auch in anderen Teilen der Welt, durften bis vor nicht allzu langer Zeit keine ihrer Bräuche durchführen, ihre traditionelle Kleidung tragen und oder ihre eigene Sprache sprechen.
Indigene Kinder wurden und werden systematisch von den Familien getrennt und in Internaten mit Gewalt dazu gezüchtigt, ihre eigene Kultur und kulturelle Identität hinter sich zu lassen. Auch heute noch werden Kinder teilweise schon als Babys ihren First Nations Eltern weggenommen.
Noch immer wird Indigenen Gemeinschaften das wenige Land, was sie noch nutzen dürfen, einfach weggenommen, Gewässer werden verschmutzt und für die Menschen und deren Geschichte heilige Orte zerstört.
Die Indigenen Kulturen innerhalb von Turtle Island (bei uns bekannt als USA und Kanada) sind aufgrund der Folgen dieser Unterdrückung akut bedroht von vielem, was die moderne Welt an Leid und Elend zu bieten hat:
Sie stehen in Statistiken immer wieder weit oben wenn es um die fatalen Auswirkungen von beispielsweise Alkoholismus und schwerwiegenden Drogenkonsum geht, Gewalt gegen Frauen, Entführungen, Selbstmord (sogar schon bei Kindern und Jugendlichen), Arbeitslosigkeit und finanzielle Armut, Menschenhandel und allgemein die Lebenserwartung.
Es ist eine große, schwierige Bemühung, angesichts unvorstellbaren Leidens und der daraus folgenden schwerwiegenden historischer Traumata, die eigene Kultur zu erhalten und wieder zu beleben, es zu schaffen, sie auch an die jüngeren Generationen weiterzugeben.
Verständlich ist, dass dies umso schwieriger wird, wenn weiße Personen sich ungehemmt an kulturellen Elemente bedienen, zugunsten ihres eigenen Wohlbefindens, persönlichen Wachstums oder aus Sehnsucht nach Gemeinschaft und Verbindung zu kulturellen Wurzeln.
Wenn dies passiert, können die vielschichtigen mit den kulturellen Elementen verbundenen Ebenen ihre ursprüngliche Bedeutung verlieren. Statt kulturelle Identität zu bestärken, nutzen Lieder, Rituale, heilige Objekte und andere Elemente sich ab, werden im schlimmsten Fall bedeutungslos.
Wir als Circlewise Institut haben den wenigen Kontakten, die wir mit Indigenen Kulturen haben konnten, fast alles zu verdanken, was im Herzen unserer Arbeit steht.
Denn die Sicht auf die Welt, auf das Leben, auf die Menschen, die wir in Geschichten, Bräuchen und Begegnungen erleben oder erahnen konnten, haben unseren Blick darauf, was überhaupt menschen-möglich ist, grundlegend verändert.
Auch unsere Beschäftigung mit mitteleuropäischen sowie kulturübergreifenden oder bereits in der Frühgeschichte vorhandenen menschlichen Handlungsweisen wurde und wird im Grunde inspiriert und ermöglicht durch das, was wir direkt oder indirekt von Menschen aus Indigenen Kulturen heute lernen konnten.
Denn es waren die Stimmen Indigener Menschen, die unsere Aufmerksamkeit überhaupt erst darauf brachten, nach persönlichen und allgemeinen kulturellen Wurzeln zu suchen.
Dasselbe gilt für den ganz bestimmten Blickwinkel, mit dem wir wissenschaftliche Forschungen und Studien betrachten und diese zum Entwickeln oder Verfeinern von unseren Inhalten und Methoden nutzen.
Somit haben wir fast alles, was unsere Arbeit heute ausmacht, auf irgendeine Weise den kulturellen Schätzen zu verdanken, die Indigene Kulturen in anderen Teilen der Welt, trotz teilweise unvorstellbarer Hürden, geschafft haben zu bewahren.
Gerade auch deshalb, und einfach im Sinne einer gerechteren Welt, stehen wir dafür ein, dass es eine der wichtigsten und dringlichsten Aufgaben unserer Zeit ist, aktiv Wiedergutmachung gegenüber Indigenen Kulturen (sowie gegenüber anderen historisch unterdrückten und diskriminierten Gruppen) zu praktizieren.
Wir verstehen es als notwendige Aufgabe und als einfach eine Frage von Rechtschaffenheit, uns für die Dekolonisations-Bewegung Indigener Kulturen einzusetzen und solidarisch zu verhalten.
Dabei sehen wir uns immer noch ganz am Anfang einer Entwicklung, die wir ganzherzig weiterführen und ausbauen wollen.
Wir sind uns bewusst, dass was immer wir tun, nur ein winzig kleiner Beitrag sein kann angesichts einer schier erdrückenden Last von Ungerechtigkeit.
Dennoch wollen wir weiterhin Wege finden, und zwar wirkungsvolle Wege und Strategien, um die Dekolonisations-Bemühungen Indigener Kulturen aktiv zu unterstützen.
„Wenn du angesichts eines Unrechts neutral bleibst,
stellst du dich damit auf die Seite der Unterdrücker.“
Desmond Tutu
Uns als Weiße überhaupt tatsächlich unterstützend verhalten zu können erfordert, nicht nur auf kulturelle Aneignung zu verzichten, sondern auch alle sonstigen Meinungen, Vorstellungen und Interaktionen zu hinterfragen, unseren eigenen unbewusst verinnerlichten Rassismus und insbesondere auch die Romantisierung indigener Völker und Weltsichten.
Wir sind hier zutiefst dankbar für die Unterstützung von Menschen aus Indigenen Kulturen, die uns aufzeigen, was und warum bestimmte Handlungen problematisch sind.
Auch danken wir für die Arbeit investigativer Journalist*innen oder Menschen die in ihrer Freizeit recherchieren, um problematische Lehren und Praktiken ausfindig zu machen und vor der Welt sichtbar zu machen.
Dank ihnen können wir gemeinsam den unangenehmen aber essentiell notwendigen Prozess fortsetzen, unser eigenes Handeln kritisch zu hinterfragen, damit wir nicht aus Unwissenheit oder Ignoranz genau das selbst weiter fortführen, was wir so gern in der Welt heilen sehen wollen.
Fühlst du dich erschüttert, entsetzt, traurig, hilflos oder wütend über all das Unrecht, was in diesem Text beschrieben ist? Wisse, du bist nicht allein.
Es ist wichtig, Themen wie diesen nicht aus dem Weg zu gehen – denn nur wenn wir sie angehen kann sich auch etwas verändern. Neben dem Austausch mit anderen Menschen, kann auch Selbst-Mitgefühl dabei helfen, die Auseinandersetzung damit etwas zu erleichtern.
Denn wenn wir es schaffen so gut für unsere innere, emotionale Verfassung zu sorgen, dass wir nicht so viel wegschauen brauchen, könnte es auch auch leichter für uns werden, etwas zu verändern und beizutragen.
Hier findest du eine Liste von Beispielen und Hintergrundinformationen rund um das Thema kulturelle Aneignung.
Hast du Empfehlungen für weitere Texte, Artikel, Quellen? Dann freuen wir uns, wenn du sie uns zuschickst und wir ergänzen sie im Dokument.