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Im November 2017 war ich für 3,5 Wochen in Namibia, auf einer Reise begleitet von Caspar Brown von der Wandering Wild School, Lynx Vilden, und Werner Pfeifer von der Living Culture Foundation.

Die Fotos lassen sich durch Anklicken vergrößern.

 

„Unser Leben früher war wunderbar, doch wir können und wollen die Vergangenheit nicht zurückholen. Einiges aus der modernen Welt gefällt uns, und wir möchten dies zu einem Teil in unserem Leben machen. Aber wir wollen dabei auch unsere eigene Kultur bewahren und lebendig erhalten.“
Frauen der Ju/hoansi, der „ersten Menschen“, im Little Hunters Village

 

Bis in die 80er Jahre sind die Menschen des „Little Hunters Village“ noch nomadisch als Jäger und Sammler durch die Kalahari gezogen.

Heute leben sie in einem Dorf aus kleinen Zelten und Hütten neben einer solarbetriebenen Wasserpumpe in der Nähe von Tsumkwe, Namibia.

Sie sind die einzige Gruppe von Buschleuten in Namibia, die noch jagen dürfen.

Zu verdanken ist dies unter anderem der Vision und Tatkraft von Werner Pfeifer und der von ihm begründeten Living Culture Foundation.

Die deutsch-namibianische Stiftung hat es sich zur Aufgabe gemacht, traditionelle Gemeinschaften darin zu unterstützen, „Lebendige Museen“ zu gründen, in denen die Dorfgemeinschaft vollkommen selbstverwaltet ihren Lebensunterhalt damit verdienen kann, Touristen einen Einblick in ihre Kultur und in die Lebensweise ihrer Vorfahren zu geben.

Damit wird dem in Afrika wie auch dem Rest der Welt so erstickenden Trend entgegengewirkt, dass gerade die Jüngeren Menschen angesichts des umfassenden Raubbaus an den Lebensgrundlagen ihres Volkes und der äußeren Zwänge, die ehemals nomadisch lebenden Kulturen auferlegt sind, und der damit verbundenenen Aussichtslosigkeit ihrer Lebenssituation, umso mehr alles Traditionelle mit Verachtung fortwerfen, in die Städte abwandern und sich in ein entwurzeltes Dasein stürzen.

Statt wegzuziehen und schlecht bezahlte Jobs anzunehmen oder von Regierungsmitteln abhängig zu sein, und in Slums ärmlich dahin zu vegetieren, können die Menschen in den Lebendigen Museen jeden Tag erfahren, wie wertvoll das hoch entwickelte traditionelle Wissen ihrer eigenen Kultur auch heute noch ist.

Viele junge Leute im Little Hunters Village wollen gern vor Ort im Kreis der gesunden und blühenden Gemeinschaft bleiben und selbst noch bessere Fährtenleser, Jäger, Kräuterkundige und MeisterInnen ihres Handwerks werden.

Das Little Hunters Village ist dabei keineswegs ein entlegener Ort, auf den noch nie ein westlicher Mensch vorher einen Fuß gesetzt hat. Die Menschen im Dorf haben Mobiltelefone, sie führen gemeinsam ein erfolgreiches Unternehmen, mit dem sie ein vergleichsweise gutes Einkommen erwirtschaften.

Einige von ihnen waren schon mehrere Male in Europa beispielsweise bei Spurenleser-Konferenzen und sie werden in ihrem Alltag von Touristen besucht, denen sie ihre traditionelle Lebensweise vorführen und erlebbar machen.

Und doch scheinen sie im Vergleich zu vielen anderen traditionellen Gemeinschaften in Afrika nicht mehr Opfer der sich ausbreitenden Zivilisation zu sein, sondern einen Weg gefunden zu haben, die Veränderungen so zu navigieren, dass sie trotz aller Verluste gesund und glücklich leben können und die Gemeinschaft innerhalb ihres Dorfes erhalten bleibt.
Mit großer Klarheit und Bewusstheit sprechen die Ju/hoansi hier über ihre Kultur, die sie bewahren und lebendig halten wollen. Auf unsere Frage danach, was sie als Herz ihrer Kultur ansehen, welches die Elemente sind, die sie weiterhin lebendig erhalten wollen, sind sie sich schnell einig: „Das Jagen und das Sammeln, die Heilungstänze und die Art und Weise wie wir unsere Kinder ins Leben begleiten.“

Traditionelles Handwerk

Schon vor 2000 Jahren haben die Buschleute begonnen, selber Eisen zu verhütten, das an vielen Orten der Kalahari auch an der Erdoberfläche zu finden ist. Seitdem stellen sie Pfeilspitzen, Messer und ein von den Bantu übernommenes Allzweckwerkzeug her, das Chop-Chop. Die Schmiedearbeit braucht heutzutage nur ein ganz normales kleines Feuer, einen im Sand mehr oder weniger festen Amboss (beispielsweise aus einem Stück Eisenbahnschiene), einen dicken kurzen Hammer und als Rohstoffe rostige Nägel, Bolzen oder Stücke von den Metallverstrebungen für Betonkonstruktionen.

Die traditionelle Kleidung ist aus gegerbtem Leder. Dabei wird die Tierhaut am Boden aufgespannt, dann trocken von beiden Seiten geschabt und mit einer zu Brei gehauenen dicken Zwiebel eingestrichen. Nach etwa zwei Stunden Einwirkzeit kann sie nun beim Trocknen weich gezogen werden.

Grabstöcke sind wichtige Alltagswerkzeuge, deren gegabelte Enden dabei helfen, sich einen Weg durch dorniges Gestrüpp zu bahnen, und deren schwertartig zugespitzte und über dem Feuer gehärtete Enden ermöglichen, auch Wurzeln und Knollen auszugraben, die einen halben Meter oder noch tiefer im Boden versteckt sind.

Viele der alten Fertigkeiten sind erst in den letzten Jahren wiederbelebt worden, seit es das Living Museum ermöglicht, damit einen Lebensunterhalt zu verdienen. Während unserer Reise nutzen die Ju/hoansi die seltene Gelegenheit, zusammen mit Besuchern so viele Tage Zeit für die einzelnen Arbeiten zu haben, um auch voneinander mehr zu lernen und sich im Schmieden, Gerben und Holzwerkzeuge herstellen zu üben. Einige jüngere Leute probieren dabei einige der Techniken zum allerersten Mal aus.

Fährtenlesen und Jagen

Gemeinsam mit einigen Jägern und „Meister-Trackern“ gehen wir immer wieder auf Spurensuche. Meistens führen sie uns mit Fragen dahin, zu entschlüsseln, was passiert sein könnte, wer hier lang gelaufen ist, in welcher Richtung, wann und in welcher Stimmung?

Einmal entdecke ich einen unscheinbaren feuchten Fleck im Sand, etwa sieben Zentimeter lang, inmitten von einer Vielzahl von Paarhufer-Trittsiegeln.

Mit einem kurzen Blick darauf erkennt !Oma, wie hier ein Gnu-Weibchen gelagert und wie sie ihr Kalb geboren hat, in der Nacht zuvor.

Mit Händen und Füßen beschreibt er die Geschehnisse, die er anhand der Spuren ganz klar vor seinem inneren Auge sehen kann.

Nahrung sammeln

Die Kalahari besteht vor allem aus trockener Savanne mit sandigen Böden, die kaum Wasser an der Erdoberfläche zu halten vermögen.

Die unwirtliche Landschaft blieb lange Zeit verschont von der Zivilisation, weil sie für Viehhirten und Ackerbauern nicht besiedelbar war.

So konnten die Buschleute, die in der Lage waren, das in der Landschaft in Knollen, Wurzeln oder Baumstämmen versteckte Wasser zu nutzen, hier viele Jahrhunderte trotz der Kolonialisierung relativ geschützt überleben.

Die Wasserwurzel beispielsweise ist saftig und süß, wie ein Obst, das unter der Erde wächst.

Zu Beginn der Regenzeit, wo mit dem Wasser auch das Leben in die Landschaft zurückkehrt, finden wir bei unseren Sammel-Ausflügen voller Lachen und Gesang gemeinsam mit den Frauen und Kindern des Dorfes zudem harte süße Beeren, säuerliche rote pflaumenartige Früchte, viele essbare Kräuter, stachlige Gurken, allerlei Pflanzen mit Heilwirkungen und Wurzelknollen zur Herstellung eines roten Farbstoffes.

Heute, im Zeitalter solarbetriebener Wasserpumpen, ist die Heimat der Buschleute stark dezimiert und ein nomadisches Umherziehen ist nicht mehr möglich.

Viel zu viele Flächen der Kalahari sind als Rinder- oder Wildtier-Weiden umzäunt, oder werden als Schutzgebiete für die Großwild-Jagdabenteuer von Trophäen-Jägern aus dem Ausland genutzt, die zig tausende von Euros für einen Elefanten oder eine Raubkatze bezahlen.

Die Jagd auf die Elefanten hat die einstmals friedlichen Riesen in gefährliche Tiere verwandelt. Meist werden die Ältesten einer Herde geschossen, weil sie die größten Stoßzähne haben, und zurück bleiben verunsicherte Gruppen halbwüchsiger Elefanten, die gereizt und aggressiv auf die Nähe von Menschen reagieren.

Friedvolles Miteinander

Einfach zusammen sein, die Frauen neben den Frauen, die Männer neben den Männern, dazwischen die Kinder wo auch immer sie wollen, über Gesten und Blicke die Verbindung haltend, aufmerksam wahrnehmend, was rundum vor sich geht und dabei gelegentlich Scherze machen und in Gelächter gleiten, oder spontan zum Singen, Tanzen oder Spielen aufspringen…. so habe ich die Ju/hoansi vor allem erlebt. Der Umgang miteinander wirkt auf mich sanft, entspannt und gelassen und vor allem humorvoll. Wenn jemand von uns an die Gruppe eine Frage stellt, reden auf einmal lauthals alle durcheinander, unterbrochen von Gelächter.

Der Dolmetscher hört zu und verkündet irgendwann: „Wir sehen das soundso…“, und dazu nicken alle feste, sind sich einig.

Das „wir“ ist allgegenwärtig. In einem Morgenkreis ist klar: Manche von uns Besuchern schaffen es kaum, ihre Handwerksarbeiten rechtzeitig zu beenden. Als ich völlig ermattet von der Aussicht auf mehr anstrengendes Schmieden zu unserem Feuer zurückkomme, resigniert neben Damh dem Meisterschmied zu Boden sinke, weil auch meine Chop-Chop-Klinge einfach nicht breiter werden will, egal wie viel ich mit Armen wie Pudding auf ihr rumhämmere, schaut er mich entschlossen an und sagt: „WIR werden alle Werkzeuge rechtzeitig fertig stellen, weil WIR nämlich stark sind.

Entscheidungen werden von allen im Dorf gemeinsam getroffen. Niemand wird ausgegrenzt oder zu irgendetwas gezwungen. Wenn die jungen Mädchen kein Menarche-Ritual mehr machen wollen, weil sie lieber modern sein möchten, dann sorgt das für viel Besorgnis und Gespräche darüber – Zwang gibt es jedoch nicht.

Wenn Mann und Frau sich nicht einig darüber sind, in welchem Dorf sie leben wollen? „DANN brauchen sie es, miteinander zu reden!“ Und auch Schwestern, Brüder, Tanten, Onkel und vor allem die Ältesten redeten in so einem Fall mit, erzählt uns der Dolmetscher, unterstützen, vermitteln, helfen, eine gemeinsame Lösung zu finden.

Mit den Kindern

Morgens beim Spazierengehen treffe ich Kinder, immer in kleinen Grüppchen. Sie lachen, wenn ich ihnen Spuren zeige und ratlos die Hände in die Luft strecke. Dann erklären sie mir alles geduldig in Ju/’hoansi Sprache und finden es noch lustiger, wenn ich probiere ihre Klick-Worte nachzusprechen. Alle Pflanzen scheinen die 6-8jährigen schon sicher zu kennen, und die Spuren jedes Säugetiers. Die etwas älteren Jungen jagen oft schon selber Eidechsen oder Wachteln mit einer Steinschleuder.
Im Lager spielen die Kinder oft miteinander Kreisspiele und beweisen unglaubliche Geschicklichkeit mit Kürbis-Kugeln, und schnelle Reaktionskraft. Sie lieben es, wenn wir Besucher ihnen Lieder, Tänze oder Spiele beibringen, merken sich alles sofort und probieren es uns immer wieder zu entlocken, indem sie die Melodien selber anstimmen und uns zum Mitmachen auffordern.
Eine Künstlerin aus New York hat eine Löwenmaske mitgebracht, die immer wieder von einem Kinderkopf zum andern wandert und vor Vergnügen quietschende Antilopen jagt. Werner hat viele Pfeile und Bögen dabei, mit denen vor allem die Jungen stundenlang auf einen Springbock aus Stroh schießen.

Viele ältere Mädchen kümmern sich liebevoll um kleinere Kinder, tragen sie herum und versorgen sie. Obwohl jedes Mädchen („natürlich“ sagen sie!) die Freiheit hätte, auch das Jagen zu erlernen, sei das einfach so noch nicht vorgekommen. Die Frauen reagieren mit Staunen und Begeisterung, als Lynx Vilden erzählt, dass sie früher lieber ein Junge sein wollte und selbst zuhause Jägerin ist, und /Noshae erzählt darauf lachend, dass auch sie als Kind ein sehr wildes Mädchen war.
Kampfspiele werden überhaupt nicht gespielt. Wenn die Erwachsenen die Kinder beim Kämpfen erleben, werden sie sofort daran erinnert, nicht zu streiten, nicht zu kämpfen, weil dies wichtig dafür sei, den Frieden für alle in der Gemeinschaft zu wahren.
Die kleinen Kinder werden in Tüchern herumgetragen und klettern und kuscheln unermüdlich vor allem mit den Frauen und Mädchen, aber auch mit den Männern. Weinen wird als ganz natürlich angesehen und die Erwachsenen begegnen Tränen und Geschrei mit sanftem, unaufdringlichem Trösten.

Gelehrt wird vor allem durchs Vormachen. Einmal hilft mir Dahm der Älteste beim Aufspannen meines Impala-Fells, während zwei etwa sechsjährige Jungs mit wachsendem Interesse zuschauen. Kurz vorm Abschluss fragt er sie kurz etwas, erklärt dann noch zwei Sätze, und geht einfach ganz woanders hin, lässt sie die Arbeit komplett alleine zuende bringen. Es brauchte eine Weile, bis sie die Technik so richtig raus haben, dabei beratschlagen sie miteinander, sind vorsichtig mit dem Holz“hammer“, der auch schon mal auf dem Daumen landet, und probieren behutsam so lange herum, bis alles gut klappt.
Die Frauen der Ju/hoansi erzählen uns, dass die Kinder das Wichtigste schon lernen müssen, bevor sie in die Schule gehen, damit sie die alten Weisen weiterführen und praktizieren. Würden sie zulange warten, führe das dazu, dass die Kinder „nur noch spielen wollen“, wenn sie nachmittags nach Hause kommen. Schafften sie es aber, die Kinder schon vor der Schule gut auf den Weg zu bringen, gelänge es auch, dass die Kinder das moderne Leben und die eigene Kultur miteinander integrieren können.

Spielen

Vor allem die Frauen und die Kinder lieben es, mit uns zu spielen, ab und zu auch die Männer. Kreisspiele mit komplizierten Regeln, wo es um Geschicklichkeit und Humor geht, sind besonders beliebt.

Oft spielen die Erwachsenen unter sich, die Kinder dürfen es ihnen dann später nachmachen. Bei einem Spiel verhakelt man im Kreis ein Bein mit dem Bein eines Nachbarn und so hüpfen alle herum, bis sie umpurzeln.

Ein anderes Spiel singt vom Großvater der mit Fleisch nach Hause kommt und es nicht mit den Kindern und Frauen teilen will.

Er probiert, sich aus dem Kreis zu verdrücken, wird aber von den schnell an allen Seiten heruntergezogenen Armen aufgehalten – bis er doch den Ausbruch schafft.

Mann und Frau

Die Ju/hoansi heiraten früh und führen in der Regel Ehen mit nur einem Partner. Die meisten Kinder werden erst geboren, wenn die Frauen so um die 20 Jahre alt sind. Kleinfamilien teilen sich eine Hütte oder ein Zelt. Tagsüber und an den Abenden sitzen meistens die Frauen zusammen und die Männer zusammen, oft räumlich nah beieinander. Körperliche Intimität zwischen Partnern wird nicht öffentlich gezeigt, auch Umarmungen oder Küssen kann man nicht beobachten. Viele Paare haben fünf bis sechs Kinder, für die beide Eltern verantwortlich bleiben und sorgen müssen, auch wenn sich ein Paar trennen sollte.

Heilungs-Tanz

Im Dorf der Ju/hoansi wird der traditionelle Heilungstanz getanzt. Dabei nutzt der Heiler eine göttliche Energie, das /nom, das im Körper unter Schütteln, Schwitzen und Tönen erweckt wird und dann über Berührung weitergegeben wird, um als Medizin zu wirken. Während des Tanzes können die Heiler in Visionen wichtige Botschaften für die Gemeinschaft und für einzelne Leute erhalten.
Der Tanz kann nur gemeinsam durchgeführt werden und das Singen und Klatschen der Dörfler, vor allem der Frauen, ist genauso wichtig wie die Rolle der Heiler selbst. Während die Klicksprachen der einzelnen Buschleute-Völker im südlichen Afrika trotz ihrer gemeinsamen Wurzeln sehr unterschiedlich sind, so dass die Menschen Dolmetscher bräuchten, um sich zu unterhalten, sind viele Lieder und Tänze sich immer noch erstaunlich ähnlich. So kann davon ausgegangen werden, dass sie wirklich seit einer unglaublich langen Zeit fast unverändert von Generation zu Generation weitergegeben wurden.

Die Natur

Es ist schwer zu beschreiben, wie aufregend es ist, in der offenen und verlockenden Landschaft der Savanne unterwegs zu sein, wo die Neugier, was hinter dem nächsten Baum oder Busch warten könnte, uns immer weiter und weiter lockt. Wie es sich anfühlt, eine frische Leopardenspur zu erahnen oder ungläubig auf die rehförmigen, aber gewaltig großen Trittsiegel einer Giraffe zu starren. Wie das Herz kurz aussetzt, wenn wir eine der tötlichsten Schlangen, die schwarze Mamba, noch gerade wegzischen sehen oder beim Morgenspaziergang das löwengebrüllartige Posaunen eines Elefanten hören.

Wie es ist, von panischen Schreien im Nebenzelt aufgeschreckt zu werden, wo eine riesige giftige Spinne gerade zum Sprung ins Gesicht angesetzt hat, oder zu spüren, wie der Mund einfach offen stehen bleibt, nachdem eine Herde Berberaffen vorbei gerannt ist – als könnten sie alle miteinander nur der Fantasie entsprungen sein.

In der Kalahari ist alles voller Dornen, viele Singvögel sind bunt und prachtvoll, es ist gefährlich, nachts ohne Taschenlampe spazieren zu gehen, und wie genau die Erdlöcher der Skorpione aussehen ist eine wichtige Information gleich beim Ankommen.

Der feine Sand ist innerhalb von wenigen Tagen überall, überall, und wird in der Sonne mittags so heiß, dass dünne Gummisohlen kaum ausreichen, sich nicht die Füße zu verbrennen und die Solargeneratoren vorm Wegschmelzen geschützt werden müssen. Dann ist es wunderbar, einfach nur in der Hängematte zu liegen und die Hitze zu genießen.

Am meisten berührt hat mich ein uralter Baobab-Baum mit vielen meterdicken Stämmen, die teils aufrecht wachsen und teils wie ein gewaltige Lindwurm-Leib über die Erde kriechen. Vielleicht ist dieses wunderbare Baumwesen das Herz des Universums – so hat es sich zumindest angefühlt als wir im kupfernen Licht des Sonnenuntergang zu ihm gelangten, umkränzt von einem doppelten Regenbogen, wie ein Willkommens-Gruß um noch viel tiefer zu landen in dieser wunderschönen Landschaft, und uns auf ihre Geheimnisse einzulassen, hier in dem Land, wo unser aller Ahnen vor unfassbar langer Zeit zu Menschen geworden sind.

Für die Bilder geht Dank an Werner Pfeifer, Judith Wilhelm, Myriam Kentrup, Paul Wernicke, Tim Taeger, Caspar Brown, David Willis, Ajax Axe und Nicola Mosley.

Warren spricht über Verbindung, das Lebensrad, regeneratives Gestalten und Permakultur, über cultural engineering, das Geschichtenerzählen, über unsere Wurzeln und Zukunftsbilder für die Menschheit.
Aufgenommen von azuzu visuals während unseres „Zukunftsfähigkeit gestalten“ Kurses 2017 im Hangab Zentrum Bodensee.

WARREN BRUSH | Full Interview from AZUZU VISUALS on Vimeo.

Warren Brush erzählt in seinem Vortrag bei der Internationalen Permaculture Convergence in Jordanien im September 2011 über seine Erfahrungen an der Schnittstelle von Peacemaking, Permakultur, naturverbundener indigener Lebensweise und den Auswirkungen all dessen für ein Ende des Bürgerkriegs in Liberia.

Warren Brush kannst du hier bei uns erleben:

 

Warren BrushWorkshop Peace & Permaculture im August 2016

 

permaculture-7Permakultur-Design-Zertifikats-Kurs 2017

…erwächst die Zukunft
In diesem Film erzählt Mark Morey während eines Musik-Camps in den USA die Geschichte vom irischen Lied „Come by the Hills“, und wie er es von dem irischen Maurer und Liedersammler Gerry Brady gelernt hat, den einige von euch vielleicht bei den Workshops mit Jon Young hier in Deutschland kennenlernen konnten.

Die Melodie ist eine irische Volksweise, der Text wurde in den 60er Jahren vom schottischen Liedermacher W. Gordon Smith geschrieben.

Mark Morey sagt im Film: „Ich war in England und hab dort einen Mann aus Irland getroffen, Gerry Brady, ein 70jähriger pensionierter Maurer, der hunderte mündlich überlieferte Lieder kannte. Ich erzählte ihm, dass wir dort seien um den Kindern ihre Verbindung zur Natur zurück zu geben, damit die Kultur von diesem zentralen Ort aus wieder neu erschafft werden könne.

Gerry antwortete, dass er genau wüsste was ich meine, und das dasselbe in ihrer Kultur auch gerade passieren würde. Dass dieselben Dinge, deren Zerstörung eine gesamte Kultur zerstören könnten, in ihrem Wiederauftauchen, auch die Kultur zurückzubringen vermochten. Denn in Irland waren im Jahr 1665 tausende von traditionellen Harfen verbrannt worden, deshalb hätten sie nun eine Harfe auf der Rückseite einiger ihrer Geldmünzen. Ich weiß eine Mission des Fiddle-Camps ist es, die Musik zurück zu holen, dass sie sich durch die Zeit weiter bewegen kann. Gerry sagte zu mir, du musst dieses Lied lernen. Es geht dabei darum, wieder in die Landschaft zu gehen, den Liedern der Bäume und des Windes zu lauschen, und von diesem Ort aus, die Zukunft zu erschaffen.“

Dieses Interview wurde am 04.Juli 2013 von by Leslee Goodmann vom Moon Magazine geführt und in der Originalsprache auf der Webseite des Permaculture Research Institute unter dem Titel „The Permaculture Solution“ veröffentlicht. (Hervorhebungen im Text dr. den Übersetzer.) 
Warren Brush ist zertifizierter Permakultur-Designer und Lehrer,  Mentor und Geschichtenerzähler.
Warren hat diverse Permakultur-Projekte mitbegründet, deren Entwicklung er bis heute unterstützt und begleitet, beispielsweise das Permakultur-Modell-Projekt „Quail Springs“, wo Permakultur erlebt und gelernt werden kann. Menschen aus aller Welt besuchen hier Kurse und können intensiv in die angewandten Prinzipien und Methoden der Permakultur eintauchen. Dabei geht es nicht nur um den Anbau von einer großen Menge und Vielfalt an Nahrungsmitteln, sondern auch um natürliche Bau-Methoden und um die Grundlagen eines ganz einfachen Lebens mit der Natur, beispielsweise durchs Sammeln von Wildpflanzen, respektvolle und achtsame Formen der Jagd,  die Herstellung von Leder, die Verarbeitung von Pflanzenfasern und das Korbflechten. 
Vor dem Aufbau von Quail Springs leitete Warren gemeinsam mit seiner Frau Cyndi Harvan das Wilderness Youth Project, ein Naturverbindungsprogramm in dem obdachlose Jugendliche und Kinder aus einer Vielfalt von sozialen, ökonomischen und ethnischen Hintergründen gemeinsam raus in die Natur gehen, den Spuren von Tieren folgen, Unterschlüpfe bauen, Feuer hüten und aktiv dazu beitragen, die Biodiversität und Vitalität der Landschaft zu stärken.  
Warren Brush wird als Designer und Lehrer zu den „Top 10“ der Permakultur weltweit geschätzt. Im August 2016 und Frühjahr 2017 wird er hier bei uns zu Gast sein. 
Leslee Goodmann: Dir wird die Aussage zugeschrieben, dass Permakultur schon jetzt mehr Menschen mit Lebensmitteln versorgt, als sämtliche Hilfsprogramme der Welt zusammen. Eine bemerkenswerte Behauptung – bitte erzähle uns mehr darüber.
Warren Brush: Dieses Zitat stammt eigentlich von Geoff Lawton, vom Permaculture Research Institute (PRI) in Australien, einer Organisation die von Bill Mollison aufgebaut wurde, den man oft den „Vater der Permakultur“ nennt. Lawton hat dies vor vier Jahren gesagt, also 2009, und die Aussage basierte auf den Forschungen des PRIs. Ich finde es ist eine erstaunliche Behauptung. Rund um die Erde haben fast 2,5 Millionen Menschen den Permakultur-Design-Kurs absolviert, ein 72stündiger Kurs der die grundlegenden Methoden der Permakultur vermittelt. Dabei geht es um bewusstes Gestalten mit der Natur, um dadurch hochgradig effiziente und stabile Systeme zu erschaffen.
Für mich ist die Aussage glaubwürdig, denn indem wir natürliche Systeme nachahmen, statt der Monokultur-Systeme der industriellen Landwirtschaft an die wir gewohnt sind, können wir bis zu zehn mal so viel Nährwert pro Quadrat-Fuß (= 33*33 cm) erhalten. Wenn du beispielsweise essbare Pflanzen in verschiedenen Schichten übereinander anbaust, wie wir es in einem Wald beobachten können – oder wenn du selbst nur ein Hochbeet anlegst – erzielst du eine zehn mal höhere Produktivität, als es in der konventionellen Monokultur-Landwirtschaft möglich ist. Und gleichzeitig erzeugst du auch mehr Muttererde, du nutzt Abfälle vor Ort, du schenkst für das Ökosystem wertvolle ökologische Dienstleistungen, die natürliche Vorgänge imitieren – vieles was das Monokultur-System überhaupt nicht leistet. In der Natur kannst du keine Monokulturen finden. In der Natur kannst du Vielfalt finden.
Leslee Goodmann: Warum denkst du ist die industrielle Landwirtschaft dann noch nicht auf den Permakultur-Zug aufgesprungen?
Brush: Weil Permakultur eine dezentralisierende Bewegung ist. Im großen Maßstab kann sie nicht stattfinden, ohne viele Menschen mit einzubeziehen. Dies ist eine komplett andere Art und Weise des Landbaus, die eher so aussieht wie die Landwirtschaft der Vergangenheit, als es noch Verbände von Klein-Bauern gab. Statt einem Bauern der 5.000 Morgen Land bewirtschaftet, gibt es in der Permakultur 1.000 Menschen, von denen jeder fünf Morgen bewirtschaftet. Dies ist eine viel stabilere Art und Weise um Lebensmittel anzubauen – in erster Linie für die Menschen und nicht so stark profitorientiert.
Es gibt dennoch eine Reihe von kommerziell tätigen Landwirtschaftsbetrieben, die die Permakultur für sich entdecken und in ihr Anregungen dafür finden, wie sie ihre Effizienz und damit auch ihre Erträge steigern können. Man schätzt, dass die modernen landwirtschaftlichen Systeme zehn Kalorien Energie dafür verwenden, eine Kalorie Nahrung zu erzeugen. Das ist überhaupt nicht nachhaltig. Ja, wir produzieren riesige Mengen von Lebensmitteln, aber wir graben uns selbst unsere natürlichen Ressourcen ab, um dies zu erreichen. Unser Kalorien-Speicher wird irgendwann ausgeschöpft sein. Die Geschwindigkeit in der wir unsere Energiereserven auffressen ist gewaltig. (…)
Viele Menschen die Landwirtschaft im großen Stil betreiben stellen fest, dass sie zunächst hohe Erträge erzielen können, aber wenn mit der Zeit die Erde erschöpft ist, müssen sie mehr und mehr Drucker, Pestizide, vorbehandeltes Saatgut und so weiter kaufen, von kommerziellen Anbietern. Wären sie dem freien Markt überlassen, müssten sie ohne Subventionen von der Regierung auskommen und würde überhaupt keinen Profit erwirtschaften – also würden sie ihren Anbau auch nicht auf diese Weise betreiben. Ein großer Teil der modernen Landwirtschaft kann nur überleben, weil die Regierungen Subventionen zahlen. In den USA und in anderen Ländern gibt es mittlerweile aber auch viele Höfe, die sich dringend einen Wandel wünschen. Bei uns melden sich viele Bauern, die sich von der gewaltigen Menge an Energie befreien wollen, für die sie bezahlen müssen. Der einzige Weg eine überschaubares profitables System zu erzeugen, ist es, sich so nah am Vorbild der Natur zu orientieren, wie möglich. Nur wenn du gegen die Natur arbeitest, kostet es Energie – die letztendlich Geld kostet.
Dies gilt nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch für Stadtplanung, Architektur, Wassermanagement-Systeme, alles. Schau dir Las Vegas an. Die ganze Stadt kann nur mit riesigen Energie-Mengen überleben, die von außen eingebracht werden müssen. Das fossil gewordenene Sonnenlicht in Form von Erdöl wird dazu genutzt, Wasser herbeizuschaffen, die Gebäude zu kühlen, die Lampen mit Strom zu versorgen, das Essen und alles was die Menschen dort brauchen, anliefern zu lassen. Es ist ein Energie-Fresser, aufgrund von schlechter Gestaltung.
Leslee Goodmann: Ich dachte die Grüne Revolution hat die Hoffnung gebracht, dass damit alle Menschen auf der Erde ernährt werden könnten. Was ist passiert? Stimmt es nicht, dass die industrialisierte Landwirtschaft der Grund dafür ist, dass nur zwei Prozent der US-Amerikaner Bauern sein müssen und 220 Millionen von uns mit Nahrungsmitteln versorgen können…und noch Nahrungsmittel an andere Länder exportieren? Kann Permakultur diesem Produktivitäts-Level etwas entgegensetzen?
Brush: Bedenke den gesamten ökologischen Fußabdruck der sogenannten Grünen Revolution. Sie ist gar nicht „grün“! Die Produktivität dieser industrialisierten Landwirtschaft ist nicht nachhaltig. Die UN Kommission hat eine Studie zu den Auswirkungen der Grünen Revolution in Afrika durchgeführt. Dabei waren 27 führende Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen beteiligt – Landwirtschaft, Gewässerkunde, Bodenwissenschaften, Soziologie, Ökologie – und die Ergebnisse wurden veröffentlicht in einem Dokument mit dem Titel „Die Grüne Revolution ist in Afrika gescheitert“. Der Bericht beschrieb wie die Grüne Revolution zentralisierte Systeme der Nahrungsmittelerzeugung erschuf, die extrem anfällig sind für jede Art von Störung. Sie erzeugte eine größere Ungleichheit zwischen Arm und Reich. Sie hat gesamte Kulturen destabilisiert, in denen die Menschen nicht mehr wissen, wie sie ihr eigenes Essen anbauen können, und das neue System erzeugt oft nicht ausreichend Nahrung für alle. Und dieses System haben wir in die ganze Welt gebracht.
Dazu kommt noch, dass viele der im konventionellen System erzeugten Kalorien leere Kalorien sind – sie füllen den Magen, aber sie nähren nicht wirklich. Viel mehr sind darin sogar Gifte und andere Bestandteile zu finden, mit denen der Körper gar nicht umgehen kann, so dass in unseren Fettzellen Biozide nachgewiesen werden können. (…)
Und zusätzlich verbrauchen wir für jede Kalorie zehnmal so viel Energie. Wir haben in etwa 250 Millionen Jahre fossilen Sonnenlichts in den letzten 50 Jahren verbraucht – in Form von fossilen Brennstoffen. Wir können so nicht weitermachen. Mit jedem Fass Erdöl verbrauchen wir 98 Tonnen Pflanzenmaterial, die nur über Millionen von Jahren unter hohem Druck und großer Hitze zu Öl und damit haltbar gemachter Sonnenenergie werden konnten. Alle unsere Systeme – Energieversorgung, Herstellung von Gegenständen, Transport, Landwirtschaft, wir wir uns von A nach B bewegen – basieren auf diesen hochgradig verdichtetem Sonnenlicht. Es ist eine endliche Ressource.
Nachhaltige Systeme funktionieren auf Grundlage von „Sonnenlicht in Echtzeit“. Eigentlich ist dass eine Definition von Nachhaltigkeit: die Energiebedürfnisse der menschlichen Siedlungen – und vielleicht sogar noch etwas mehr – mit in Echtzeit verfügbarem Sonnenlicht stillen zu können. […]
Ich glaube wirklich fest daran, dass die mit der westlichen Kultur einhergehende Zerstörung unserer Lebensmittelversorgung – durch die wir die genetische Vielfalt unserer Nahrungsmittel eingebüßt haben, und die ortsbezogene Verbindung mit der Landschaft verloren habe – auch mitverantwortlich ist für Niedergeschlagenheit, Verzweiflung und das Gefühl zutiefst unbefriedigt zu sein, das so viele Menschen im Innern empfinden.
Im Kreis Santa Barbara werden 98 Prozent der Lebensmittelgelder außerhalb des Landkreises ausgegeben. Und auch 96 Prozent der hier angebauten Nahrungsmittel verlassen den Landkreis. Wir haben also diese riesigen Kosten aufgrund des Energieverbrauchs, all diese Sachen hin und her zu fahren. Das bedeutet auch, dass wir über kein System für eine stabile, gesicherte Lebensmittelversorgung hier verfügen. Wenn die Benzinpreise steigen, die LKW-Fahrer streiken, die Autobahn gesperrt wird – wird unsere Lebensmittelversorgung unterbrochen. Und wir haben auch keine lokale Ess-Kultur mehr in diesem Land. Die Kultur wurde früher aus dem Land entwickelt, es beeinflusste unser Essen, unsere Baukunst, unsere Art und Weise sich zu kleiden und was für Musik wir machten – all dies hatte seinen Ursprung in der Landschaft. (…)
Leslee Goodmann: Du hast verschiedene Probleme der industrialisierten Landwirtschaft benannt, gleichzeitig versorgt sie de facto die meisten von uns. Kannst du ein paar konkrete Probleme noch etwas spezifischer benennen?
Warren Brush: (…) Ein anderes grundlegendes Problem betrifft die Grundlage allen Pflanzenbaus überhaupt – den Boden. Unser Boden wird messbar zerstört, wo auch immer die gegenwärtigen Praktiken der industriellen Landwirtschaft angewandt werden. Wir verlieren dadurch fruchtbares Land, obwohl die Bevölkerungszahlen wachsen. Wir verlieren Mutterboden, wir verlieren die Nährstoffe im Boden. Die Bauern müssen mehr und mehr Düngemittel und Pestizide einsetzen, um dieselben Erträge zu erzielen.
Landwirtschaftliche Praxis muss stattdessen Mutterboden vermehren, sonst wird sie nicht überdauern können. Je mehr Biozide und chemische Dünger man hinzufügt, desto stärker wird die Lebensgemeinschaft im Boden beeinträchtigt – und deren Vermögen, die Pflanzen und letztendlich damit auch den Menschen zu unterstützen. Landwirtschaft ist abhängig von den Kleinstlebewesen im Boden, es besteht eigentlich ein untrennbares Netzwerk aus Erde und Nahrungsmitteln, das von der modernen Landwirtschaft nicht respektiert wird, sondern vielmehr zerstört.
Ein drittes Problem ist das Pflügen. Pflügen zerstört die Mikrobiologie des Bodens. Pflügen im großen Maßstab ist in Nordeuropa entwickelt worden, in einem spezifischen gemäßigten Klima, wo tausende von Jahren Wald dazu geführt haben, dass es Flächen mit sehr tiefem fruchtbaren Boden gibt. Diese Geschichte und dieses Mikroklima existiert an vielen Orten auf der Erde nicht, aber die Bewirtschaftungsweise haben wir auch in die Tropen oder in trockene Klimata, wo natürlicherweise Steppe war übertragen. Die Erde dort verträgt die Bearbeitungsweise aber nicht. Hier ist das Pflügen ein Eingriff, der die gesamte Mikrobiologie des Bodens zerstört, die die Natur dann wiederherzustellen versucht.
Moderne Landwirtschaft basiert außerdem darauf, dass Lebensmittel über weite Strecken transportiert werden. Wo es Monokulturen gibt, gibt es auch einen enormen Export von Lebensmitteln raus aus den Regionen. Bauern in den gesamten USA kaufen ihr Essen im Supermarkt ein, weil sie nicht nur das essen können, was sie selbst anbauen. Manche landwirtschaftlichen Regionen produzieren beispielsweise nichts als Knoblauch oder Karrotten. Es ist eine verrückte Zeit in der wir leben! Und sie ist so instabil. Die Grüne Revolution hat nicht nur unsere Ökosysteme destabilisiert, sondern auch unsere Wirtschaft, unsere Kultur, unser Verständnis davon, wie man Nahrung anbauen kann.
Wenn Sie sagen, dass heute nur 2 Prozent der Bevölkerung Nahrungsmittel anbauen muss – als ob es etwas Schlechtes wäre, Nahrungsmittel anzubauen – dann ist das für mich ein schlimmes Zeichen. Wenn Menschen die Lebensmittel anbauen als weniger wert angesehen werden als die die anderes tun, dann stimmt etwas mit unseren Prioritäten nicht. Jede Kultur der Welt war vollkommen verwoben mit ihrem System des Nahrungsanbaus. Das Anbauen von Lebensmitteln wurde zu einem Kern ihrer Kultur. Die Menschen heute sind davon so abgetrennt, sie wissen nicht mehr, wie sie das gewinnen können, was die Grundlage ihrer Existenz ist. Sie sind so abgetrennt von den Auswirkungen ihrer eigenen Entscheidungen auf die Umwelt, ihren eigenen Planeten, dass sie nicht sehen, wie viele Narben sie überall auf der Welt hinterlassen. In den USA sehen wir nicht, wie viele Menschen weltweit leiden, weil wir immer noch deren Ressourcen ausbeuten, um unseren Lebensstil zu erhalten.
(…) Wir verlieren durch die Art und Weise in der wir die Dinge tun auch viel Schönheit. Ich glaube dass ein Sinn für Schönheit und Verbindung etwas ist, nach dem viele Menschen in den USA hungern. (…) In der Permakultur beobachten wir die Landschaft wie Fährtenleser. Wir schauen beständig auf die Auswirkungen von allem, um herauszufinden, was gelingt und was nicht, und dann Anpassungen vorzunehmen. Dies erfordert eine ganzheitliche Art des Hinschauens. Wenn man Landwirtschaft getrennt von der Wasserversorgung und dem Abwasser betrachtet, von der Beschaffenheit und Struktur des Wohnraums, vom Transport, den umliegenden Wäldern und wild belassenen Gebieten, dann arbeitet man zumeist gegen die Natur, statt mit ihr.
Die lineare, isolierte Denkweise ist das, was so viel Zerstörung für die Erde bringt. In der Natur läuft alles in Kreisen, alles ist miteinander verbunden. Wir können Dinge verändern, wir können die Menschen versorgen auf eine Weise die für die Erde eher Wiederherstellung und Ausgleich bietet als sie weiter zu zerstören. Was wir dafür brauchen sind viele viele Menschen, die selber Gärten anlegen, die beginnen ihre Lebensmittel lokal einzukaufen und die eine Beziehung zu denjenigen Menschen aufbauen, von denen sie die Nahrung beziehen, die sie in ihren Gärten selbst nicht anbauen.
Wir sind heute Zeugen einer Rückbesinnung auf das, was um uns herum vor Ort geschieht. Wir können es in der Slow-Food Bewegung erkennen, in der Slow Money Bewegung, in der Transition Town Bewegung, im ökologischen Bauen das von lokalen Gemeinschaften getragen wird. Darin liegt viel Schönheit! Ich glaube dass wir als Menschen von Natur aus Gemeinschafts-Wesen sind. Wir haben uns über tausende von Jahren als Dorf-Bewohner entwickelt. Eine Ursache für Depression heute ist das Ergebnis des Isoliertseins und „unabhängig“ seins, und dass wir letztendlich vergeblich probieren uns aus dem Massenkonsum das zu holen, was wir nur aus dem Land und der Gemeinschaft um uns herum empfangen können, die uns und die zukünftigen Generationen unterstützen. Dies ist nicht nur philosophisch betrachtet wahr, sondern auch auf einer sehr praktischen Ebene.
Wenn du für deine Familie und deine Gemeinschaft Stabilität und Resilienz möchtest, brauchst du ein vielfältiges, lokal basiertes Ernährungssystem. […] Permakultur kann dies ermöglichen – und der Grund warum es Erfolg hat ist, dass wir eine Graswurzelbewegung ohne Anführer sind. […] Wir sind einfach eine Sammlung von ethischen Grundsätzen und Prinzipien, die unsere Gestaltungsarbeit rund um die Welt leiten. Wo auch immer diese Gestaltungsprinzipien landen – ob in einem Dorf im Norden Liberias oder in einem Einfamilienhaus-Garten in Beverly Hills – sie erschaffen Schönheit im Einklang mit der Natur.
Können diese Gestaltungsprinzipien die Welt ernähren? Ja! Aber es wird anders aussehen als das Modell, das wir gegenwärtig um uns herum sehen. Es ist wie Einstein sagte: „Man kann kein Problem auf dieselbe Denkweise lösen, die zu seinem Entstehen geführt hat.“ Wir brauchen einen Bewusstseinswandel – und ich glaube dass das kreative Gestalten ein Weg dahin ist, weil es endlos viele Möglichkeiten bietet. Es gibt nicht nur einen Weg – jede Situation braucht ihre ganz eigene Lösung.
Aus diesem Grund kommen so viele junge Menschen zu uns nach Quail Springs. Sie wissen intuitiv, mit ihrem gesamten Körper, dass die Art und Weise wie wir leben nicht richtig ist, und sie wollen einen anderen Weg finden. Und in Wahrheit werden zwar die Probleme der Welt immer komplexer, aber die Lösungen sind ganz einfach.
Leslee Goodmann: Was sind denn die Ethik und die Prinzipien der Permakultur?
Warren Brush: Ganz einfach gesagt ist Permakultur eine Gestaltungswissenschaft, die einen im Einklang Sein des gestalteten Systems mit dem umgebenden natürlichen System bewirkt. Die ethischen Grundlagen und Prinzipien leiten den Gestaltungsprozess.
Wenn man beispielsweise an ein Obstplantage denkt. Menschen pflanzen einen einzelnen Obstbaum nach dem anderen, in langen Reihen, mit so und so vielen Metern Abstand und nichts – außer vielleicht Gras – dazwischen. Dies ist in der modernen Landwirtschaft die verbreitete Methode, aber in der Natur gibt es das so nicht. Was wir in der Natur entdecken können sind Wälder mit vielen verschiedenen Baumarten und anderen Pflanzen, die in unterschiedlichen Schichten wachsen: Wurzelschicht, die Geheimagenten-Schicht –Pilze, Bakterien und Insekten – Krautschicht, niedrig wachsende Gehölze, mittelgroße Gehölze und die Gehölze der obersten Schicht. Mancherorts gibt es Pflanzen die nur zu bestimmten Jahreszeiten zu sehen sind und zusätzlich haben wir in natürlichen Waldsystemen noch Kletterpflanzen, Tiere und ein unglaublich vielfältiges und integriertes Muster, das die Natur immer und immer wieder neu erschafft.
Nun finden wir in der Natur kaum Wälder wo das menschliche Bedürfnis nach uns wohlschmeckender Nahrung voll und ganz berücksichtigt ist, aber in der Permakultur geht es ja gerade darum, die Muster der Natur nachzuahmen auf eine Weise, die die Bedürfnisse menschlicher Siedlungen stillen kann. Wir gestalten also unser Nahrungssystem angewandt auf menschliche Bedürfnisse nach Essen, Schmausen und Leckereien. Es überrascht nicht, dass es eine lange Geschichte für menschlich angelegte Waldgärten gibt – in Asien, bei den Mayas und in Marokko – hier kann man tausendjährige Waldgärten finden. Auch hier in Quail Springs hegen wir einen eigenen kleinen Waldgarten.
Als wir ihn damals anlegten waren wir uns nicht sicher, denn wir empfanden es als Widerspruch gegen alles was uns beigebracht worden war. Wir pflanzten ihn und ahmten den Sukzessions-Prozess nach, der in der Natur abläuft wann immer ein Wald entsteht. Manche Pflanzen waren dabei wie Pioniere, die den Standort für die nachfolgenden Pflanzen vorbereiten, so dass mit der Zeit ein Wald entstehen konnte, der voller Nahrungspflanzen für Menschen war.
Hier bei uns ist die Umgebung sehr besonders, weil wir mitten in einer Trockenzone leben, wo pro Jahr nur 15 Zentimeter Niederschlag fällt. Wir leben also in einem Gebiet wo das Pflanzenwachstum sehr langsam stattfindet. Wir haben alles mögliche hier gepflanzt: Wurzelgemüse, niedrig wachsende Minze und Kräuter trockener Standorte, mittelhohe Artischocken, höher aufwachsenden Holunder, Datura und viele verschiedene einheimische Pflanzen, mittelhohes Steinobst –Pflaumen und Aprikosen – dazu Äpfel und Jujubes. Dann haben wir hoch aufwachsende Bäume hingesetzt, die den Stickstoff im Boden fixieren können, die außerdem den Pflanzen darunter Schatten spenden, um die Hitze auszugleichen, die hier herrscht. Diese Schicht enthielt Pflanzenarten wie die Robinie, die wir immer wieder völlig zurückschneiden (Kurzumtrieb), so dass sie neu austreiben. Wir haben auch eine Art schnellwachsender trockenheitsresistenter Pappel, deren Blätter dabei helfen, den Boden anzureichern. Unser gesamtes System zielt darauf ab, mehr Mutterboden zu erzeugen, während wir Essen anbauen, und indem unser Waldgarten heranwächst, erzeugen wir dadurch ein Mikroklima, dass eine wachsende Vielfalt von Pflanzen unterstützt. Es ist ein Teil der langfristigen Strategie, der in Verbindung mit unserem unmittelbar produktiven Nahrungsmittelanbau verknüpft ist.
Ein Universitäts-Professor hat uns besucht und nachdem er sich angeschaut hatte, was wir so machen, meinte er: „Ihr müsst die Hälfte dieser Pflanzen rausreißen, weil dieser Aprikosenbaum hier so überhaupt keine Chance hat, seine Wuchshöhe und Ertragspotential zu erreichen, und ihr werdet im Ergebnis weniger Aprikosen ernten können.“
Aber für das Waldgärtnern nutzen wir eine völlig andere Herangehensweise. Wir sagen: „Ja, Sie haben recht, wir werden weniger Aprikosen ernten. Aber innerhalb desselben dreidimensionalen Raumes, in dem der Aprikosenbaum wächst, haben wir zudem zwanzig oder mehr Tiere und Pflanzen die zusätzlich eine große Vielfalt an Nahrungsmitteln darstellen – und deshalb haben wir insgesamt einen zehnmal so großen Nährwert erreicht.“
Zufällig war in der folgenden Woche einer der weltweit besten Berater für Waldgarten-Systeme hier bei uns. Er schaute sich unseren Baby-Waldgarten an, schüttelte den Kopf und sagte: „Ihr müsst doppelt so viele Pflanzen reinbringen.“ Das ist der Permakultur-Ansatz. :-)
Und das ist nur ein Aspekt davon. Der nächste könnte sein, darüber nachzudenken, wie meine menschlichen Abfälle auf so eine Weise gehandhabt werden könnten, dass sie zum Gelingen des Gesamtsystems beitragen? Wir entschlossen uns beispielweise dafür, eine Obstgarten-Toilette einzurichten, eine bewegliche Toilette, mit der ein Teil der Ausscheidungen zurück in die Erde gebracht werden konnten. Dann wurde uns klar, dass wir Krankheiten und Schädlinge bekämpfen könnten, indem wir unsere Hühner, Puten und Enten in den Obstgarten ließen. Sie fraßen nicht nur die Insekten, sondern sie düngten auch den Boden. Außerdem mussten wir ihnen dank der vielen Insekten die sie dort fraßen weniger Futter geben.
Ich möchte eines gern noch betonen: Permakultur ist keine Gartenbaumethode oder landwirtschaftliche Technologie. Es ist ein Gestaltungsansatz – den wir in diesem Fall in einem landbaulichen Kontext anwendeten. Aber man kann ihn auf alles anwenden – Gebäude, Abfallbeseitigung, Wassergewinnung. Ich glaube dass Menschen dies leicht verwechseln. Sie sagen dann vielleicht sowas wie: „Sollte ich einen Biogarten anlegen oder einen Permakultur-Garten?“ Dabei kann biologischer Gartenbau ein Teil davon sein, auch biologisch-dynamischer Gartenbau.
Leslee Goodmann: Könnt ihr euch selbst versorgen mit der Arbeit auf eurem Land? Wie viele Menschen leben in Quail Springs?
Warren Brush: Im Moment erzeugen wir etwa 80 Prozent unserer Lebensmittel für die dauerhaft hier wohnenden Menschen selbst – das sind etwa 17 bis 20 Personen. Es schwankt ein bisschen, weil viele von uns oft unterwegs auf Reisen sind. Zu bedenken ist dabei auch, dass der Waldgarten ja vor allem eine Investition in zukünftige Nahrungsmittelerzeugung bedeutet. Wir haben außerdem einen eher klassischen Garten, der Nahrung für unsere unmittelbaren Nahrungsbedürfnisse bereitstellt.
Unser Projekt steckt immer noch in den Kinderschuhen. Quail Springs ist vor neun Jahren gegründet worden, und wir arbeiten mit einem Gestaltungsplan der 200 Jahre Entwicklung beeinhaltet und letztendlich sogar auf eintausend Jahre ausgerichtet ist: Wie können wir jetzt für uns genug Ertrag erwirtschaften, während wir gleichzeitig genügend Mutterboden aufbauen und die Produktivität des Landes für die zukünftigen Generationen erhöhen?
Etwas das wir außerdem noch machen, was für uns eine wirklich große Sache ist, ist das Verjüngen unserer Quellen, von denen die meisten Menschen der Überzeugung waren, sie wären ausgetrocknet. Das Cuyama Tal war entwaldet und bis zur Erschöpfung beweidet worden, als wir hier ankamen, und die tiefen Brunnen hatten den Grundwasserspiegel abgesenkt. Im Ergebnis sind die meisten Quellen, ebenso wie der Fluss vollständig ausgetrocknet gewesen. Unsere Quelle war vor neun Jahren nur noch ein Tröpfeln, und das auch nur noch nachts, wenn die Bäume nicht transpirierten. Jetzt gewinnen wir daraus 230 Liter pro Minute.
Leslee Goodmann: Wow! Wie habt ihr das geschafft?
Warren Brush: Wir haben unterschiedliche Sachen gemacht. Ein Punkt war intensives Bepflanzen. Viele Menschen entwalden den Uferbereich von Fließgewässern, weil sie der Meinung sind, dass die Bäume das gesamte Wasser aufsaugen würden. Wir haben das Gegenteil getan: wir haben ihn bepflanzt. Wir haben auch viele Erdarbeiten durchgeführt um das Wasser ins Fließen zu bringen, es zu verteilen und versickern zu lassen. Wir haben eine Gabionen-System errichtet (=Körbe aus Steinen oder Geröll, die Wasser leichter versickern lassen, Anm. d. Übers.). Wir haben die Rinder aus der Landschaft herausgenommen, die dort seit über hundert Jahren gegrast hatten, so dass das Land wieder viel stärker bewachsen sein konnte. Und es gibt noch viel mehr zu erzählen, was einen Einfluss darauf hatte. Unter dem Strich kann man sagen, dass wir durch eine ganze Vielfalt von interessanten Management-Praktiken die auf die Wiederbelebung des gesamten Wassereinzugsgebietes ausgerichtet waren, geschafft haben, unsere Quellen wieder zum Fließen zu bringen, sogar trotz der schweren Dürre-Perioden, die sich im Süden Kaliforniens gegenwärtig ereignen.
Das Wiederbeleben von Quellen ist eins der Probleme, weswegen ich am häufigsten zu Rate gezogen werde. Die meisten Probleme dabei sind oft politischer Natur. Wir verstehen den wissenschaftlichen Hintergrund und die Methodologie; was öfter fehlt ist ein Mangel an politischem Willen für die Umsetzung.
Leslee Goodmann: Inwiefern?
Warren Brush: Politische Hoheitsrechte und der Wunsch nach Profit stehen den notwendigen Veränderungen im Weg. Nehmen wir an du wohnst am Victoria See in Kenia. Die Berghänge aus denen alle Quellen kamen waren früher gemeinschaftliches Land, das zum Wohlergehen des gesamten Stammes gehegt wurde. Als die Bevölkerung das westliche System von Landbesitz übernahm, wurde das Wasser nicht länger im Interesse des Gemeinwohls gemanagt. Die Leute verkauften ihr Land, entwaldeten es, und alle außer einigen wenigen Quellen trockneten aus – und diese wenigen schenken auch nur noch einen Bruchteil des einstmals fließenden Wassers. Es kann also keine Lösung dafür umgesetzt werden, ohne dass die Landbesitzer dem zustimmen.
Hier in Quail Springs sind wir das äußerste Privatgelände innerhalb einer bestimmten Schlucht im Cuyama Tal, und von drei Seiten umgeben von Staatswald. Es ist eine Ironie, aber wir können in den Wald gehen und Brennholz dort sammeln oder die Flächen überweidet sein lassen – völlig legal – mit einer einfachen schriftlich ausgestellten Erlaubnis. Wenn wir aber in den Wald gehen wollen um dort Wiederherstellungsarbeiten durchzuführen, die die Erosion verlangsamen oder Wiederaufforstung bringen, müssen wir hunderttausende von Dollars ausgeben, um einen Bericht zu erstellen, der die Auswirkungen davon auf die Umwelt prüft. Die Regulationen mit denen wir es zu tun haben wurden zugunsten der Industrie entwickelt. Die Rinder- und Forstwirtschaft sind wie Torhüter für viele Gesetze und Richtlinien, die unsere Wälder betreffen. Wir müssen also wie Ninjas vorgehen und sozusagen im Schutz der Dunkelheit arbeiten, wenn wir dem Land das zum staatlichen Wald gehört etwas Gutes tun wollen.
Ich komme gerade von 18 Kursen in fünf Ländern in Europa zurück, und dort sind sie so viel weiter was das Hegen der Landschaft betrifft. In Deutschland sind Kahlschläge vollständig verboten. Sie haben ein Renaturierungsprogramm für alle Waldflächen, was Menschen dazu ermutigt, kleine begünstigende Maßnahmen für die Wälder durchzuführen. Einer der führenden Forstwirtschaftler in einer meiner Forstwirtschafts-Kurse war hocherfreut darüber, dass vieles was wir vorantreiben wollen, bereits im Forstamt durchgeführt wird. Die USA hängen hinterher – und werden mit katastrophalen Auswirkungen konfrontiert sein, wenn sich dies nicht verändert. Wenn das System an Richtlinien in der Hand derselben Industrie verbleibt, deren Handlungen eigentlich dadurch reguliert werden sollten – deren Ziel es aber ist Profite für einige wenige zu erwirtschaften, egal ob sich dies zum Nachteil für die Umwelt und den Rest der Gesellschaft auswirkt – dann wird das Ergebnis Zerstörung sein. Die Ökosysteme können so nicht erhalten werden. Ich hoffe wirklich, dass die US-Amerikaner aufwachen und eine Kehrtwende vollziehen, denn es ist aufregend, einen Weg hinaus aus dem Dilemma zu entwickeln. Wir wissen wie es geht. Wir brauchen nur den politischen Willen dafür.
Noch ein anderes Beispiel: Nach kalifornischem Recht ist es verboten, ein ungiftiges Haus zu bauen. Wir haben mit jemand zusammengearbeitet, der zum Kommitee des nationalen Ökobau-Rats (national Green Building Council) gehört; wir haben mit dem Kopf der kalifornischen Regionalen Bau Verantwortlichen Assoziation (California County Building Officials Association) zusammengearbeitet. Ich meine, wir haben mit den Top-Leuten des Landes gearbeitet, und auch die konnten uns nicht dabei helfen, wie wir auf legale Weise ein Haus bauen könnten, das frei von Toxinen wäre. Unsere Gesetze sind so formuliert, dass sie die Nutzung hoch industrialisierter, verarbeiteter Materialien vorschreiben, die jede Menge Chemikalien in sich tragen. Auch dies ist etwas, das nicht immer weiter so bleiben kann. Aber keine politische Verwaltung will das Problem angehen. Sie sagen immer nur: „Lassen wir die nächst gewählte Verwaltung sich darum kümmern“, denn sie wissen, was für ein Kampf es werden würde.
Aber die Veränderung wird kommen. Wir können entweder unseren Weg hinaus aus den gegenwärtigen Herausforderungen gestalten, oder der Wandel wird uns in Form von Krisen aufgedrängt werden.
Leslee Goodmann: Dies bringt mich zu einer Frage die ich zu den Permakultur-Prinzipien habe, die auf einer von dir empfohlenen Webseite zu finden sind:  www.permacultureprinciples.com. Eines dieser Prinzipien besagt:  „Der Permakultur-Ansatz setzt den Fokus auf das Positive, die Möglichkeiten die existieren, statt nur auf die Hindernisse zu schauen, sogar in den ausweglosen Situationen“. Warum ist dies so? Mir scheint dass man aufzeigen muss, was die Probleme der heutigen Zeit sind, damit die Menschen erkennen können, was notwendig ist. Wenn ich die Schrecklichkeiten des konventionellen Landbaus nicht kennen würde, warum sollte ich dann damit aufhören es zu unterstützen? Es ist ja viel billiger für mich selbst!
Warren Brush: Wir machen das, damit die Menschen nicht am Ende völlig überfordert sind. Es gibt so viele Anzeichen dafür, dass sich die Dinge ändern müssen; ich glaube nicht, dass die Menschen sich der Probleme nicht bewusst sind. Aber wenn ich die Aufmerksamkeit nur auf die Probleme lenke, ohne eine Lösung anzubieten, fühlen die Menschen sich schnell wie gelähmt. Sie stehen vor einer Wand des Unmöglichen. Sie denken „Mein Gott, die Probleme sind so groß, es gibt nichts, was ich tun könnte.“ Deshalb sind wir gefordert, ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen. Wissenschaftler überall auf der Welt präsentieren uns Daten die beweisen, dass die Systeme zusammenbrechen – ökologisch, sozial, kulturell. Dazu kommen noch sich immer mehr auftürmende Daten die wir aus den Geschichten ziehen, beispielsweise über extreme Wetterereignisse. Aber uns nur auf die Probleme zu fokussieren ist wie ein Fitnessprogramm zu absolvieren, wo ich nur Gewichte stemme – meine Muskeln werden immer weiter angespannt. Ich muss sie aber auch dehnen. Ich glaube nämlich es geht um dieselben Muskeln. Wir haben uns selbst in dieses Chaos hinein manövriert, und jetzt wo wir es besser wissen, können wir auch unseren Weg wieder hinaus finden. Wir können die Prozesse bewussten Gestaltens auf die Faktoren und Rahmenbedingungen unseres Lebens so wie es jetzt ist anwenden. Und das glaube ich, ist aufregend!
Ich sage meinen Schülern: „Wisst ihr, wir können die Zeit nicht zurück drehen. Wir wollen auch gar nicht zu etwas zurückkehren, was hinter uns liegt. Was wir wollen ist in eine Zukunft aufzubrechen, die noch nie zuvor existiert hat und gleichzeitig das ehrt, wo wir herkommen. Ich freue mich darauf zu erleben, wie wir indigene Lebensart – Werte wie Nachhaltigkeit und Fürsorge für das Land – hinein weben in die Wissenschaften, die wir heute kennen. Diese Lebensweise ist hochgradig produktiv, hochgradig egalitär, und die Profite bleiben innerhalb der Gemeinschaft – was bedeutet, dass es viel weniger Versklavung durch Verschuldung gibt, von der nur eine winzige Zahl von Menschen profitiert. […] Es geht um eine Art zu Leben, die ein Zuhören erfordert – ein Lauschen darauf, was unsere Berufung ist. Auch der englische Begriff „vocation“ geht zurück auf das „rufen“ oder „anrufen“(„vocare“), wobei es um ein anrufen unserer eigenen Gabe geht, die wir mit der Welt teilen können – unsere Berufung.

Warren Brush kannst du hier bei uns erleben:

– beim Workshop Peace & Permaculture im August 2016 und

– beim international anerkannten Permakultur-Design-Zertifikats-Kurs (72h-Kurs) im Frühjahr 2017

spiegelneuronen

Wenn wir uns miteinander verbinden “[…] erfahren wir eine Resonanz unserer beider Gehirne, unserer beider limbischer Systeme. Unser zentrales Nervensystem beginnt, sich zu beruhigen. Unser Gehirn ist das einzige Organ, das sich nicht in sich selbst reguliert, sondern sich im Außen, durch ein anderes Gehirn reguliert. Wir brauchen einander, um unsere Gehirne zu regulieren.“ 

Hedy Schleifer beim TEDxTelAviv

Seit der Entdeckung der Spiegelneuronen wissen wir, dass wir von Gehirn zu Gehirn miteinander verbunden sind. Der Hirnforscher Dan Siegel beschreibt, wie im Gehirn eines Menschen die Neuronen für „Essen“ und „Trinken“ feuern, wenn er jemand anders beim Essen und Trinken beobachtet – ebenso wie wenn er selbst in dem Moment Nahrung und Flüssigkeit zu sich nehmen würde.

Verbindung

Dan Siegel geht noch einen Schritt weiter und erklärt, dass die Spiegelneuronen nicht nur das Verhalten einer anderen Person in unserem Gehirn abbilden würden, sondern auch deren emotionalen Zustand. Er schreibt, man könne die Spiegelneuronen auch „Schwamm-Neuronen“ nennen, weil sie nicht nur spiegeln würden, was die anderen tuen, sondern wir durch sie wie ein Schwamm in uns selbst aufnähmen, in welchem Zustand sich unser Gegenüber gerade befinde. In der Wissenschaft würde man dieses Phänomen „emotionale Ansteckung“ nennen.
Der innere Zustand des anderen – ob Freude, Verspieltheit, Traurigkeit oder Angst beeinflusst somit unseren eigenen Geisteszustand. Wir nehmen den anderen Menschen mit in unsere eigene innere Welt auf.
In seinem Vortrag: Die Neurobiologie des WIR nennt Dan Siegel diesen Vorgang ein im Wortsinn gemeintes sich-miteinander-verbinden. Aus zwei unterschiedlichen Menschen entstehe im gemeinsamen Kontakt tatsächlich ein WIR, eine zwischenmenschliche Integration finde statt, in der jeder Beteiligte er selbst bleibe und doch mit der anderen Person zusammenfinde zu einem gemeinsamen und aufeinander abgestimmtem Ganzen.
So nähert die Hirnforschung sich vielleicht dem an, was Sobonfu Somé aus der Sicht ihrer Kultur den „Beziehungsgeist“ nennt, ein drittes „Wesen“, das entstehe, wann immer zwei Menschen in Beziehung miteinander treten.

Der Raum dazwischen

Auch der jüdische Philosoph Martin Buber schrieb: „Beziehung lebt im Raum zwischen uns. Sie lebt nicht in mir und nicht in dir, nicht mal in unseren Dialog. Beziehung braucht den Raum zwischen uns, um sich zu entfalten… Dieser Raum ist heilig.“
Dan Siegel betont, dass es für eine gelingende Verbindung oder interpersonale Integration von zwei Gehirnen und den dazugehörigen Menschen erforderlich sei, dass jede/r BeziehungspartnerIn sich selbst gut kenne und wahrnehmen könne, über ein klares „Ich“-Gefühl in dem Moment verfüge.

Der Weg zum Anderen

Hedy Schleifer beschreibt, wie wir durch ein achtsames mit-uns-selbst-in-Verbindung kommen (wahrnehmen, was in mir selbst lebendig ist), dann ein aufmerksames über die Brücke gehen und den anderen in seiner Welt besuchen und wahrnehmen, was in ihm lebendig ist, es schaffen können, Verbindung zur Essenz des anderen Menschen aufzunehmen.
In dem Moment wo wir spüren und widerspiegeln oder mit Worten beschreiben, was wir in dem anderen wahrnehmen, berühren wir auf eine Weise die Essenz des anderen. So entsteht die nährende Verbundenheit, die dazu führt, dass sich unser gesamtes Nervensystem entspannen kann.

(Ver-)Bindung durch Mitgefühl

Die Dagara in Burkina Faso wissen scheinbar um diesen Zusammenhang, denn eines der Grundprinzipien im Zusammensein mit Kindern (und Erwachsenen) das Sobonfu Somé vermittelt ist, mitzufühlen und dieses Mit-Fühlen auch deutlich dem anderen zu zeigen. Sobald ein Kind im Raum weint, lenkt sie die Aufmerksamkeit aller Anwesenden genau dort hin, erwidert selbst das Weinen und bekräftigt das Kind in seinem emotionalen Ausdruck.
Auch aus der Bindungsforschung wissen wir, dass diese Art von „gesehen werden“ grundlegend wichtig ist, damit Kinder eine sichere Bindung zu ihren Bezugspersonen entwickeln können. Sobonfu Somé sagt, dass ein Kind, was beispielsweise gestolpert ist und sich gestoßen hat, wenn sein Leiden ignoriert oder abgelehnt wird, auch so einen  relativ kleinen schmerzvollen Moment nicht vollständig und gesund verarbeiten könne. Vielmehr würde ihm durch eine verständnislose Reaktion vermittelt werden, dass es selbst etwas falsch gemacht habe oder sogar, dass es selber falsch sei.

Von Geburt an

Bei den Dagara wird schon die erste Begegnung eines Neugeborenen mit den Menschen des Dorfes so gestaltet, dass im Kind Resonanz und das Gefühl, angenommen zu sein, entstehen kann. Dabei imitieren die kleinen Kinder der Gemeinschaft die allererste Lautäußerung des Neugeborenen und erwidern somit seinen emotionalen Ausdruck. Auf diese Weise, sagt Sobonfu Somé, könne der Geist des kleinen Kindes erfassen, dass es am richtigen Ort angekommen ist.

Fehlende Bindung nachholen

Das Bindungsverhalten unserer frühen Bezugspersonen ist entscheidend dafür, wie sehr wir selbst als Erwachsene in der Lage sind, nun mit anderen Menschen sichere Bindung zu erleben und zu schenken.
Gerade in den letzten Jahren haben PsychologInnen wie Sabine Bode und Anne-Ev Ustorf in Deutschland begonnen, offen zu dokumentieren, wie stark die Erfahrungen vor, während und nach dem zweiten Weltkrieg die Generation der heutigen Eltern und Großeltern geprägt haben. Unzählige unverarbeiteter Traumata haben vielfach dazu geführt, dass die Kinder der Kriegskinder keine sichere Bindung erleben und erlernen konnten.
Neben psychotherapeutischen Methoden ist es auch durch Meditation und Achtsamkeitspraxis möglich, für sich selbst ein Stück weit die Erfahrung sicherer Bindung nachzuholen. Indem ich die Rolle des Beobachters einnehme, meine körperlichen und emotionalen Zustände und Reaktionen wahrnehme, kann ich ihnen mit Mitgefühl und Zuwendung begegnen. Anstatt etwas negativ Besetztes, das sich in mir regt (wie Trauer, Wut, Hass oder andere Emotionen) abzulehnen oder zu verstecken, kann ich ihnen aus meinem erwachsenen Selbst heraus mit Verständnis begegnen – mich selbst annehmen mit allem was da in mir ist.
So schaffe ich es, die unterschiedlichen Anteile meiner Persönlichkeit zu integrieren – dabei gestalte ich buchstäblich mein Gehirn und damit auch meine Art in der Welt zu sein neu.

Bindung im Kreis

Auch in der Gemeinschaft mit anderen Menschen, in Gruppen und Teams ist es möglich, einander (Ver-)Bindung zu schenken. Indem wir die unterschiedlichen Aspekte unseres Selbst miteinander teilen, davon erzählen, Emotionen zum Ausdruck bringen und einander mit Annahme und Zuwendung begegnen, erschaffen wir immer wieder neu eine Art des Zusammenseins, die Verbindung schafft und damit in jedem einzelnen von uns die Bindungsfähigkeit stärken kann. Und dank der Spiegelneuronen sind wir bestens dafür ausgestattet, dies zu tun, besonders wenn Menschen anwesend sind, an deren sicherer (Ver-)Bindung unser Gehirn andocken kann. Dies nennt Dan Siegel „positive mentale Modelle“ – denn jedes Mal wo wir im Kontakt mit einem anderen Menschen Wärme, Verbundenheit und Geborgenheit erfahren, richtet sich unser Gehirn und damit unser gesamtes System ein Stückchen weiter in Richtung sicherer Bindung aus.
Durch das Verbinden ermöglichen wir somit füreinander, nach und nach einschränkende Verhaltens-Muster abzulegen, die wir vielleicht schon lange mit uns tragen.

Goldberg’s Anzug

Hedy Schleifer erzählt die Geschichte vom Schneider Goldberg, dessen Kunde ihn mit seinem neuen Anzug aufgebracht besucht:
Herr Goldberg, dieser Ärmel passt überhaupt nicht.“
„Ja, sagt Goldberg, für diesen Ärmel müssen Sie Ihre Hand eher so halten.“
„Na gut“, sagt der Kunde und hält die Hand wie ihm gezeigt wurde.
Aber schauen Sie mal diesen Arm hier an, und dieses Bein – die passen auch nicht.“ Goldberg gibt ihm weitere Empfehlungen dazu, wie der Arm und das Bein zu halten seien. Zufrieden mit dem Ergebnis bezahlt der Mann und geht hinaus auf die Straße.
Eine Frau sieht ihn im Vorbeigehen und platzt heraus: „Was für ein fantastischer Schneider! Schaut, er hat etwas für einen Menschen mit so einem verdrehten Körper gemacht, und es passt ihm wie angegossen.“
Dieser Mann seien wir selbst, sagt Hedy Schleifer. Wir hätten jede Menge Zeug um unsere Essenz herum angesammelt, von dem wir glaubten, das wären wir.
In den Momenten aber wo wir wahrhaftig in Verbindung gehen, wird unser Geist genährt, die Verrenkungen fallen ab und unsere Essenz kann wieder sichtbar werden.

Ein „Ja-Zustand“ als fruchtbaren Boden

Nicht immer sind wir in der Lage, selbst in Verbindung zu gehen und sie bewusst zu empfangen. Wenn wir beispielsweise wie im Versuch von Dan Siegel mit geschlossenen Augen sieben Mal hintereinander nichts als das Wörtchen „Nein“ hörten, würden die meisten von uns allein dadurch, eher in einen verschlossenen Zustand übergehen, wo unsere Handlungsmöglichkeiten sich auf Varianten von Flüchten, Kämpfen oder Erstarren beschränkten.
Fürs Verbindungen knüpfen brauchen wir idealerweise den empfänglichen „Ja-„Zustand, dem die meisten Menschen sich näher fühlen würden, wenn sie mit geschlossenen Augen sieben Mal hintereinander das Wörtchen „Ja“ gehört haben. Er ist davon gekennzeichnet, dass Gesicht und Stimmbänder sich entspannen, Blutdruck und Herzschlag sich beruhigen und wir uns bereit fühlen, etwas von jemand anders zu empfangen oder etwas zu schenken. Es ist eine mögliche Beschreibung für das vom Mohawk Chief Jake Swamp überlieferte Friedensstifter-Prinzip von „Frieden“ (das in Büchern der Irokesen-Konföderation, eines nordamerikanischen Völkerbunds, oft als „Gesundheit“ erscheint).

Konflikte in Verbindung lösen

Der Moment der Verbindung trägt für beide Menschen das Potential zur Veränderung in sich – für den Bezeugenden sowie auch den Bezeugten.
Dan Siegel empfiehlt, Kindern von klein auf zu ermöglichen, Konflikte mit dem Blick auf die Gemeinschaft oder die Beziehung zu lösen. Im Friedensstiften finden wir das Prinzip der „Guten Worte“ bzw. der „Rechtschaffenheit„, das uns dazu inspiriert, das Wohl des anderen ebenso zu bedenken wie das eigene Wohl und das Wohlergehen der Gemeinschaft, sowie der zukünftigen Generationen.
Durch ein gemeinsames Suchen nach Punkten echter „Einigkeit“, nach einer Lösung mit der alle Betroffenen sich gesund und glücklich fühlen können, stärken wir unsere Verbundenheit miteinander und fördern unsere Konfliktlösungsfähigkeit. Wir lernen uns außerdem selbst besser kennen, denn für den Prozess ist es notwendig, genau zu wissen, welche Bedürfnisse im Kern unserer Wünsche und Vorstellungen liegen.
Laut Dan Siegel gehören zur verbindungs-orientierten Konfliktfähigkeit auch aktive Bemühungen um eine angemessene Form der Wiedergutmachung, wenn es in einem Streit Verletzungen gegeben hat, so dass die Bedürfnisse unseres Gegenübers gestillt werden können.

Leben in Verbindung

Indem wir mit Empathie und Aufmerksamkeit für uns selbst die Brücke zur Welt des anderen überqueren, bereit gemeinsam einen Weg der Einigkeit zu finden, können wir oftmals Dinge erkennen, von denen wir keine Ahnung hatten, dass sie existieren und Lösungen finden, die wirklich schöpferisch und kreativ sind.
Unser Gehirn ist ein soziales Organ, das bereits vor der Geburt dafür gemacht ist, in Beziehung zu sein. Es formt sich dadurch, dass wir mit anderen lebenden Wesen in Kontakt sind.
Und nichts beeinflusst nachweislich unser subjektives Empfinden von Glück und Zufriedenheit so sehr, wie unser in-Verbindung-mit-anderen-sein, bei gleichzeitigem Bewusstsein für die eigene, einzigartige und vielschichtige Identität.
Laut einer 2002 durchgeführten Studie von Ed Diener, ist es vor allem das Vorhandensein von gesunden und mit viel Nächstenliebe von uns geführten Beziehungen, die darüber Aufschluss geben, wie glücklich wir selbst sind.
Oder wie Desmond Tutu es sagt: „In Wahrheit sind wir, was wir sind, weil wir verbunden sind.“

Mehr dazu:

Emiliana Simon Thomas: http://greatergood.berkeley.edu/article/item/want_to_be_happy_make_your_relationships_exceptional
Anne-Ev Ustorf: Wir Kinder der Kriegskinder: Die Generation im Schatten des Zweiten Weltkriegs (HERDER spektrum)
Dan Siegel: Achtsame Kommunikation mit Kindern: Zwölf revolutionäre Strategien aus der Hirnforschung für die gesunde Entwicklung Ihres Kindes
Dan Siegel: Mindsight – Die neue Wissenschaft der persönlichen Transformation: Vorwort von Daniel Goleman
Dan Siegel: The Neurobiology of We
Vortrag von Hedy Schleifer beim TED TelAViv:

spiel

In der neuen Oya-Ausgabe findet sich ein Artikel von mir über das Spiel und die Bedeutung des Spielens für unsere Beziehung zur Welt:

Oft befällt mich eine anfängliche Beklommenheit, sobald es ans Spielen mit anderen geht. Vor mir spüre ich, wie ein noch unbekannter Mikrokosmos mit seinen eigenen Regeln entsteht. Die Naturgesetze bleiben zwar auch in diesem Raum erhalten, nach wie vor unterliegen wir der Schwerkraft – viel mehr aber nicht.

Die sozia­len Konventionen fallen weg, und das Ich, das ich vor mir hertrage, wird neu erfunden. Ich weiß zu Beginn des Spiels nicht, wie ich selbst in all dem sein werde. Meine Identität wird sich sprunghaft verändern.
Es ist vor allem die Angst davor, die Verbindung zu den anderen zu verlieren, die mich hemmt, weil ich Scham empfinde – ein Gefühl, im Kern nicht gut genug zu sein. Lasse ich mich dann doch darauf ein, dauert es oft nur zwei Minuten bis zur Befreiung. Leichtigkeit kommt, Heiterkeit. Ich spüre meinen Körper, meine Sinne, fühle mich sogar stärker mit den anderen verbunden als zuvor.

Die US-amerikanische Sozialforscherin Brene Brown erklärt: Wenn wir Verbindung wollen, geht es im Grund immer darum, unser eigenes Gefühl von Scham zu umarmen, unsere Hemmungen zu überwinden und uns selbst zu zeigen. Das beängstigende Spüren der eigenen Verletzlichkeit ist die Türschwelle zur Verbundenheit miteinander. Und das Spiel kann die Tür sein.[…]“
Den gesamten Artikel findest du hier…

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